Quarantäne-Times mit Eva Schatz, Stephanie Johne & Valerie Junger
Valerie Junger, Graphic Designerin & Yogalehrerin
• Was machst du, um deine Nerven zu bewahren?
Ich mache bewusst Dinge, dir mir gut tun. Unter anderem verbringe ich fast jeden Tag eine Stunde im Wald. Das Gehen, die frische Luft, die Bäume, Knospen und Frühlingsboten sowie das Vogelzwitscher lassen mich tief aufatmen und verschaffen mir ganz viel Ruhe. Ich blinzle der Sonne entgegen, fühle mich neu ausgerichtet und geerdet.
• Was machst du, um bei Stimmung zu bleiben?
Mein Freund und ich lachen sehr viel zusammen und machen gemeinsam das Beste aus dieser außergewöhnlichen Zeit. Wir kochen gut, veranstalten Dinner mit Freunden über Video-Calls, machen Movie Nights und unsere obligatorischen Waldspaziergänge. Mir ist natürlich bewusst, dass ich mich in einer äußerst privilgierten Situation befinde. Dafür bin ich sehr dankbar und glücklich.
• Wie sehen Tage aus, an denen es dir nicht so gut geht?
Davon gab es glücklicherweise so wenige, dass ich kein Rezept entwickeln musste. Natürlich gibt es diese Momente, in denen ich von der Gesamtsituation überwältigt bin und aus heiterem Himmel weine. Reduzierter, bewusster Medienkonsum, frische Luft und Bewegung helfen mir dabei, mich zu erden und zurück in mein Vertrauen zu kommen.
• Dein stolzester Moment seit der Quarantäne:
Die große Nachfrage und das positive Feedback auf die geführten Meditationen, die ich für Bene sowie mit her collective für Vöslauer aufgenommen habe. Ich musste tatsächlich ein Monster von einem Schweinehund überwinden, das überhaupt einmal in Angriff zu nehmen – alleine den Teaser dafür zu filmen – einfach furchtbar! Aber ich habe es geschafft. Und Reaktionen Follower bzw. Hörer und Hörerinnen machen mich wirklich stolz darauf.
• Das größte Geschenk der Ruhephase bisher war:
Ich, wir alle, wurden zu dieser Ruhephase gezwungen. Ich betrachte diese Ruhe als ein Geschenk. Denn die Wochen davor stand ich so unter Strom, dass ich oft nachts noch in meinem Gedankenkarussell gefangen wach lag. Ich fühlte mich sehr erschöpft und dauermüde. Diese extern herbeigeführte Entschleunigung bringt zwar viele Unsicherheit und Angst mit sich, doch die Reduktion auf ein absolutes Minimum im Außen hat auch etwas Heilsames. Man muss sich ja nur die Natur ansehen – die Delfine, die zurückkehren – alles atmet auf.
• So bewege ich mich während der Quarantäne: Yoga (freestyle oder mit alomoves) + Skillbeast
• So ernähre ich mich während der Quarantäne: Qualitativ nicht anders als vor der Quarantäne, aber quantitativ hat sich sicherlich einiges geändert. Wenn man sich für's Homeoffice am Esstisch gemütlich macht, verleitet der angrenzende Kühlschrank schon öfter zum Naschen.
• Online-Klassen/Workshops, die du empfehlen kannst: Oti über Instagram; Yoga über Zoom/FB/Insta z.B. mit meiner liebsten Evelyne Zemplenyi; Calm und Headspace für Meditationen
• Film/Serien-Empfehlung zum Abschalten:
The Goop Lab, The Morning Show, Succession, Fleabag, Grace & Frankie (oldie but goldie und so gut für die Seele)
• Deine Hoffnung für unsere Welt danach:
Mein Wunsch wäre es, dass die Gesellschaft durch diese Krise einen langfristigen Bewusstseinswandel erlebt. Dass Werte wie Dankbarkeit, Empathie, Freude und Mitgefühl Einzug halten. Dass jeder von uns an das soziale Gefüge unserer Menschheit glaubt, an die Verbindung zwischen uns allen und nicht an das Überleben und die Selbstsucht eines jeden einzelnen.
Stephanie Johne, Doula & Journalistin
So bewahre ich meine Nerven:
Ich versuche mich gut zu organisieren, mir Routinen zu bewahren und kleine Rituale in unseren Tagesablauf einzubauen – auch für meinen 3-jährigen Sohn extrem wichtig. Außerdem habe ich vor ein paar Wochen meine Katonah Yoga Ausbildung begonnen, mich in meine Bücher und meine Praxis zu vertiefen, ist derzeit das dankbarste Tool überhaupt.
Was machst du, um bei Stimmung zu bleiben?
Wir haben Gott sei Dank einen großen Garten. Wenn mir alles über den Kopf wächst, buddel ein bisschen in der Erde und die Welt ist wieder in Ordnung. Generell achte ich aber gerade noch mehr auf eine ausgewogene Ernährung und arbeite in jedem Raum im Haus mit stimmungsaufhellenden ätherischen Ölen am Morgen und beruhigenden Ölen am Abend. Vor dem Schlafengehen: Yoni Steaming!
Wie sehen Tage aus, an denen es dir nicht so gut geht?
Chaotisch. Ich habe dann das Gefühl nichts weiterzubringen, fange tausend Dinge an, ohne sie zu beenden und bin am Ende nur genervt. Dann heißt es „einen Schritt zurückzutreten“, sich zu reflektieren und das Chaos anzunehmen. Morgen ist ein neuer Tag...
Dein stolzester Moment seit der Quarantäne:
Als ich an Tag 232394 (gefühlt) drauf gekommen bin, dass es ja auch in der Quarantäne nicht verboten ist, Mascara aufzulegen. Und siehe da… Das hat die Stimmung umgehend angehoben, haha.
Das größte Geschenk der Ruhephase bisher war:
Die Zeit in Familie. So herausfordernd es ist, mit einem 3-Jährigen im Homeoffice zu sein, so sehr genieße ich die Zeit auch. Und meine Yoga-Routine. Ich stand noch nie so oft auf meiner Matte, wie in dieser Zeit und bin so dankbar für alle das Wissen aus meinen Ausbildungen, das mich in dieser Zeit erdet.
So bewege ich mich während der Quarantäne:
Yoga, lange Spaziergänge mit meinem Sohn und meinem Hund.
So ernähre ich mich während der Quarantäne:
Eigentlich wie immer, hauptsächlich plant-based, ich adaptiere viel aus der TCM oder dem Ayurveda, viel Trinken, noch mehr Grünes.
Online-Klassen/Workshops, die du empfehlen kannst:
Sonntags: 17 Uhr Reni Bickels Breath & Meditation, danach um 18 Uhr Yin & Restorative Yoga von Yoga with Mona, die Katonah-Yoga Kurse von Aylin Karadayi, das 4-wöchige Detox Yoga-Workout von Eva Kaczor und weil es mir selbst so viel Freude bereitet, meine Workshops über ätherische Öle & Vaginal Steaming und Schwangerenyoga.
Film/Serien-Empfehlung zum Abschalten:
Don’t laugh, aber ich liebe Englands Star-Gärtner Monty Don. Auch wenn ich die Folgen schon fast auswendig kenne, schalte ich immer noch am besten bei „Big Dreams Small Spaces“ ab. Wenn ich denn fernsehe, tatsächlich bleibt der bei uns gerade eher aus.
Eine Buchempfehlung:
Thich Nhat Anh "The Other Shore“ & Wayne Dyer "Ändere deine Gedanken - und dein Leben ändert sich: Die lebendige Weisheit des Tao"
Deine Hoffnung für unsere Welt danach:
Ein längst überfälliges, kollektives Bewusstsein & eine neue Achtsamkeit im Umgang Miteinander und der Natur.
Eva Schatz, Tattoo-Artistin & Brotschwester
So bewahre ich meine Nerven:
Anfangs war das mit dem Nerven bewahren leider nicht so einfach. Eigentlich bin ich ja in meinem Hauptberuf Tätowiererin und Designerin und mussten aber aufgrund der behördlichen Anordnung (wie alle Geschäfte und Läden) unser Studio schließen – und das war mitten in unserem Umzug. Jeden Tag dachte ich mir deshalb einfach: „Schlimmer kann es nicht mehr werden“ und habe ein Brot gebacken. Denn Brotbacken ist meine große Leidenschaft und Meditation zugleich. Ok mit den Katzen kuscheln auch, aber die kann man ja nicht zum Frühstück essen ;-)
So bleibe ich bei Stimmung:
Wenn es mir nicht so gut geht, dann schau ich, dass ich mich aufraffe und entweder eine Runde mit dem Rennrad fahre oder zumindest um den Block spatzieren gehe, denn Frischluft tut auch meiner Stimmung gut.
Das bereitet mir gerade am meisten Freude:
Dass ich aus meinem Fuchsbau gekrochen bin und endlich nach 2 Jahren Brotbacken meine Website und ein erstes Rezept online gestellt habe. Vor dem hatte ich sehr viel Angst, so nach dem Motto „was sagen denn die Leute oder professionellen Bäcker, wenn ich so etwas mache“. Weil mich immer so viele Leute um Hilfe oder Tipps zur Sauerteig-Starter-Erstellung bitten, biete ich nun meinen Starter in getrockneter Form zum Erwerb (für einen kleinen Selbstkosten/Materialpreis) an und wurde schlicht weg überrannt mit Bestellungen, weil grad alle in der Quarantäne anscheinend Brot backen lernen wollen. Es freut mich unglaublich und macht mich sehr glücklich, wenn ich anderen Menschen dabei helfen kann, aus Mehl, Zeit und Geduld ein Stück Brot zu backen. Jetzt haben wir ja genug Zeit dafür!
Ich glaube es beginnen deshalb so viele Menschen gerade mit dem Backen (oder Kochen), da man sich in Zeiten wie diesen, wo man sich gezwungenermaßen so viel mit sich selbst beschäftigen muss und mit der digitalen Welt überfordert ist und sogar Instagram und Netflix schon durch geschaut hat, einfach wieder zu urigen, simplen Dingen, wie die eigenhändige Erstellung von Lebensmitteln zurück kehren will um wieder mehr Struktur in den Alltag zu bringen.
Und es macht verdammt stolz, wenn man ein gutes Brot gebacken hat, egal ob man Vorstandsmitglied einer Bank oder Verkäufer/in bei Penny ist, jede/r ist gleich stolz und jede/r kann mit ein paar Tipps und dem richtigen Mehl das gleiche Brot backen. Es macht Menschen gleich. Und Sauerteigpizza schmeckt sowieso immer.
So sehen Tage aus, an denen es mir nicht so gut geht:
Die erste Woche lang war alles richtig düster. Ich habe fast täglich geweint, da einfach niemand weiß, wie es weiter geht, und wenn man wie ich selbstständig ist und einen Laden und Fixkosten zu bezahlen hat, kommt man ganz schnell gedanklich in eine Abwärtsspirale wo man nur mehr weit und einfach nicht mehr weiter weiß und sich verkriecht.
Da ich aber von Haus aus ein sehr positiver Mensch bin und nur super selten einen schlechten Tag hab, bin ich froh, dass ich diese Woche überstanden hab. Denn zu realisieren, dass man mit seinen Problemen gerade nicht alleine ist und man einfach die Fühler ausstrecken muss um zu sehen, was man noch tun kann, wem man helfen kann und was man eigentlich noch so mit seinem Leben anstellen könnte, ist ein Teil dieser Reise die wir alle gerade durchleben. Aber wie meine Oma immer so schön sagt: "Wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“ Diesen Spruch fand ich immer super doof, doch jetzt passt er irgendwie ganz gut ;-)
So bewege ich mich während der Quarantäne:
Leider zu wenig, aber ich freue mich immer über einen schönen Spaziergang, mach gerne online-Sport-Programme (weil sie nicht lang dauern, hehe) und hab sogar mein altes Trampolin wieder aus der Abstellkammer gekramt.
So ernähre ich mich während der Quarantäne:
Da ich eine unglaubliche Stress-Esserin bin, habe ich das Glück, dass ich, jetzt wo ich daheim bin, endlich mal wieder Acht auf meine Ernährung geben kann, mir etwas gesundes koche und gerade seit einem Monat die Hardcore-Variante des Intervallfastens, nämlich OMAD (One meal a day) ausprobiere, um wieder mehr Energie zu kommen und meinen Stoffwechsel zu regulieren.
Unerwarteterweise funktioniert das super und fühle mich viel frischer und energiegeladener als zuvor. Schauen wir mal ob ich das noch länger durchhalte, aber es täte meinem Körper sichtlich gut, endlich alle alten Ernährungsmuster los zu lassen und wieder neu zu starten. Da ich mich sowieso seit sieben Jahren rein pflanzlich ernähre, muss ich da jetzt nicht zwingend viel ändern, aber eine komplette innerliche Frischzellenkur in Form einer selbst ernannten Fastenzeit (die nix mit Religion zu tun hat) und viel Gemüse tut trotzdem sehr gut, wenn man wie ich schon hart an der 40 kratzt ;-)
Online-Klassen/Workshops, die du empfehlen kannst:
Die Full-Body-Workouts, Bauch und Booty-Workouts von Caro Daur (nicht lachen) finde ich super, da ich sie, weil sie so kurz sind, super in meinen Selbst-Isolations-Alltag integrieren kann (und sie dann auch wirklich mache), zum runter kommen und entspannen die Online Yogastunde von Evelyne Zemplenyi, da ich sehr gerne und viel Yoga mache und jetzt endlich wieder mehr Zeit dafür hätte.
Film-/Serien-Empfehlung zum Abschalten:
Momentan schauen wir gerade Narcos Mexico, die zwei all-time-favorites "The Grand Budapest Hotel“ und „Ziemlich beste Freunde“ sind auch toll und The Handmaid’s Tale, "The Crown“, „Dark“, „Marriage Story“, „When They See Us“, „Moonlight“ und „4 Blocks“ sind auch toll.
Echt empfehlenswert finde ich die Serie „Sex Education“ - ich find sie toll gemacht, und jede/r pubertierende Jugendliche sollte sie gesehen haben, da einfach so wichtige Themen lustig und traurig behandelt werden (Und ich will wenn ich 50 bin auch wie Gillian Anderson in der Serie aussehen, bitte danke!). Lustigerweise war das eine der wenigen Serien, bei der ich richtig binge-watching betrieben hab, was bei mir sonst eher selten der Fall ist.
Die Dokumentation von Taylor Swift „Miss Americana“ kann ich auch sehr empfehlen (auch wenn man sie als Sängerin nicht mag).
Eine Buchempfehlung:
„Miroloi" von Karen Köhler, „Utopien für Realisten“ von Rutger Bregman, „Das beherrschte Geschlecht“ von Sandra Konrad, „Erziehung prägt Gesinnung“ von Herbert Renz-Polster, „Die Unsichtbare Frau“ von Caroline Criado-Perez
Eine Hoffnung für die Welt danach:
Ich hoffe ganz ganz stark, dass die Menschheit endlich kapiert, dass die Zeit reif für das Bedingungslose Grundeinkommen ist. Dass dieser ganze unermessliche Konsum-Wahn und der daraus resultierende utopische Influencer-Vergöterungs-Wahn endlich dadurch wieder etwas abflacht. Und dass man wieder mehr zu sich selbst findet und dadurch mehr Empathie für Mitmenschen empfindet und nicht nur Dinge macht, weil sie Geld oder Ruhm bringen, sondern weil man sie gerne macht oder jemandem gerne hilft und das ganz ohne es auf Social Media zu teilen. Ich hoffe, dass die Menschen weiterhin dann bei kleinen Läden ums Eck einkaufen, vom Bauern das Gemüse holen und das nächste Buch in der Buchhandlung in der Nähe kaufen, wie es jetzt gerade ist und nicht bei den großen Online-Riesen, auch wenn es komfortabel ist. Einen Schritt zurück und eine Stufe runter täte der Welt und dem Klima sehr gut. Und dass die Leute zuhause selbst Sauerteig Brot und Pizza backen!