Kids of the Diaspora: Generationentrauma, Oshun & die Dekonstruktion von Minderheiten
Kids of the Diaspora beschreibt sich als poetisches Fashion Movement, das jeden einlädt voll und ganz er oder sie selbst zu sein. Leni hat das Movement 2016 ins Leben gerufen und seit 2017 unterstützt ihre Schwester Cherrelle sie dabei.
Wir sprechen über:
wer die Kids of the Diaspora sind
den Netzwerkgedanken dahinter
ihren Alltag als junge Mütter & Unternehmerinnen
Generationentrauma
die Yoruba Göttin Oshun
Kemetic Yoga: einem ägyptischen Yoga-System
das EINE Buch, dass die beiden empfehlen würden
Links:
mit dem Code “OSHEY” bekommt ihr -10% Rabatt auf die “Nothing Can Cross Our Spirit”-Collection
Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen: (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast) von Philippa Perry
Sacred Woman: A Guide to Healing the Feminine Body, Mind, and Spirit von Queen Afua
Stolpern in den Morgen
Wir haben gerade beide Babys bekommen, die Kinder übernehmen das Ruder - derzeit stolpern wir mehr in den Morgen, als dass wir starten. Ex ist viel zu tun: unsere Projekte benötigen Meetings, Telefonate, das beeinflusst auch unsere Morgenroutine. Die ist derzeit so flexibel wie der Tag.
C: Mein optimaler Morgen wäre so: ich stehe um 7:30 auf, meditiere 10 Minuten, trinke meinen Kaffee und lege langsam los. Am Anfang habe ich mich jeden Tag bewusst hingesetzt und meditiert – jetzt gerade bekomme ich es nicht hin, aber bald schaffe ich es wieder.
L: Ich werde von meiner kleinen Tochter geweckt. Wir gehen erst einmal gemeinsam duschen, dann setze ich sie in den Kinderstuhl und wir machen Frühstück. Das ist eine Routine, die wir uns angeeignet haben – egal wie spät oder stressig es ist. Besonders wichtig ist der Kaffee: wenn es in der Früh keinen gibt, wird der Tag stressig und unkoordiniert.
Kids of the Diaspora – zwischen den kulturen
Kids of the Diaspora ist ein Gefühlsausdruck. Wo sehe ich mich? Wo fühle ich mich zugehörig? Ich habe gemerkt: mein Platz liegt eigentlich dazwischen. Es ist die Manifestierung dieses Gefühls. Das ist kein sichtbarer Raum – wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, ihn sichtbarer zu machen. Kids of the Diaspora hat mit einem Hashtag begonnen: ich habe darüber geredet, wie ich mich fühle, wie ich aufgewachsen bin. Das wurde sehr gut aufgenommen, viele konnten sich voll damit identifizieren. Jeder muss selbst entscheiden, ob er oder sie ein Kid of the Diaspora ist. Aber jeder, der sich angesprochen fühlt, ist Teil davon: Alter, Hautfarbe, Herkunft und sexuelle Orientierung sind egal.
Unser Label ist ein Movement, eine Mentalität: etwas, was wir bereits in uns tragen. Wir wollen mehr Repräsentation für jene verlangen, die marginalisiert sind. Die Kids of the Diaspora haben es nicht verdient, wegen Diskriminierung ein schweres Leben zu führen – wir wollen, dass sich jedes Kid, jede Person, gut fühlt und ihre Mission bestärkt vorantreiben kann.
Dekonstruktion von Minderheiten
Minderheiten sind ein Mindset: sie entstehen nur, wenn ein Vergleich zur Mehrheit besteht. Aber wer über den Tellerrand blickt, sieht, dass es so etwas wie eine Minderheit nicht wirklich geben kann. Sagen wir, du bist in dieser Runde die einzige, die gerne Matcha trinkt. Du denkst dir: alle trinken Kaffee, ich bin die einzige, die Matcha mag – und dann fangen die Menschen an, komisch zu werden, oder du fühlst dich ihnen nicht zugehörig.
Du würdest dich besser und weniger einsam fühlen, wenn du über diese Runde hinausblickst und feststellen kannst: es gibt auf der Welt noch eine Million andere Menschen, die auch gerne Matcha trinken. Das ist dann dein Tribe. Wenn du dich mit diesen Leuten in schlechten Zeiten verbindest, gibt dir das ein Zuhause, Zugehörigkeit, Rückhalt.
„Our roots run deep“
Es ist wie bei einem Baum: nur mit starken Wurzeln kann er Früchte tragen. Genauso fließen auch unsere Wurzeln in dieses Projekt, es ist eine Frucht unserer Kreativität, unseres Denkens und Fühlens. Unser Vater ist Nigerianer, unsere Mutter Österreicherin mit tschechischen Wurzeln. Für uns ist klar, dass das mit einfließt: wir sind zwischen den Kulturen aufgewachsen, das hat uns und unsere Kunst geprägt. Der Begriff „our roots run deep“ hat viele Ebenen: neben der Herkunft kann es auch die Recherche sein. Man schaut tiefgründiger, befasst sich länger mit Begrifflichkeiten, Themen und Gefühlen. Man sucht tief nach der Ursache, arbeitet nicht nur oberflächlich.
Was uns bei der Identitätsfindung geholfen hat:
Reisen
das Internet
das Gespräch mit Menschen
Spiritualität
mit den Eltern reconnecten
verschiedene Kulturen erleben
Erfahrungen: mit jeder Erfahrung und Reflexion lernt man sich ein Stück besser kennen
Mode als Kommunikationsmittel
Unsere Kollektion ist unisex und fair produziert. Repräsentation, Inklusion und soziale Verantwortung sind sehr wichtige Themen für uns – wir versuchen, das immer zu kommunizieren und beizubehalten. Aber wenn man seinen Werten treu bleibt, geht das Wachstum ein bisschen langsamer – Stichwort soziale Verantwortung. Inklusion ist momentan sowieso ein Trend, vor allem im Internet. Das ist sehr positiv, allerdings springen die Leute auf Social Media sehr schnell auf den nächsten Zug auf, man weiß nicht, wie viel wirklich bleibt, obwohl viel aufgewirbelt wird.
Unsere Mode ist ein Kommunikationsmittel, das ein Netzwerk schafft. Zwei Menschen, die nichts miteinander zu tun haben – der eine lebt in Wien, der andere in New York – waren auf demselben Event und haben dasselbe T-shirt getragen. So kommen die Leute zusammen. Dass ein T-shirt so etwas ermöglichen kann, ist schon cool. So ein Shirt ist auch eine Art Zuhause, dass man den Leuten überallhin mitgeben kann – gerade, wenn man ein geknicktes oder undefiniertes Verhältnis zu Zuhause hat, oder sich nicht ganz sicher ist, wo Zuhause eigentlich ist. Gerade, wenn es einem schwergemacht wird und die Leute immer wieder fragen, wo man herkommt, obwohl man eh von da ist. Dann ist es ein wohliges Gefühl, in dieses T-shirt zu schlüpfen.
Generationentrauma
Generationentrauma betrifft jeden einzelnen. Es ist nicht allen immer gleich bewusst, wie tief sie im Trauma stecken oder wie weit sie es aufgeräumt haben – das hängt von persönlichen Erfahrungen ab. Was uns die vorherige Generation mitgegeben hat, ist die Basis unserer Kommunikation. Es kann aber auch zu viel werden: wer das soul-searching übertreibt, kann die Dinge nicht mehr genießen und ist mit den Gedanken in der Vergangenheit. Aber wenn die Dinge nicht zu ändern sind, muss man sie bewusst akzeptieren und lieben lernen.
Durch meine Schwangerschaft und meinen Sohn ist mir mein eigenes inneres Kind viel bewusster geworden. Mit ihm habe ich direkt die nächste Generation vor mir. Ich habe gemerkt: es ist ok, wenn ich nicht alles an mir behandle – viel wichtiger ist es, was ich an ihn weitergebe. Damit er bessere Chancen hat, nicht in dieselben Muster zu fallen.
Man versteht erst durch sein Kind, wie viel Verantwortung man trägt. Man checkt sich nach einer Reaktion selbst ab und fragt sich: war das jetzt wirklich nötig? War das ich? War das meine Mutter, mein Vater, die gerade aus mir gesprochen haben? Ich muss als Mutter distanziert und objektiv an die Sache herangehen, um zu verstehen, was ich weitergeben will. Aber: Man kann nie alles richtig machen. Auch das muss man akzeptieren.
Oshun: Göttin des Flusses
Oshun ist eine Yoruba- und Orisha-Göttin, eine Art Gottheit aus der Ifa-Religion. Sie ist zuständig für Alles, was mit Flüssen und Wasser zu tun hat. Leidenschaft und Fruchtbarkeit sind auch ihre Gebiete: Alles, was fließt. Die Farbe von Oshun ist gelb: davon ist unsere Kollektion sehr stark inspiriert.
Ich habe einen persönlichen Bezug zu Oshun: Mit 20 habe ich mir spontan „Oshun“ auf die linke Rippe tättowiert. Es war wie ein Calling: ich hatte das Bedürfnis, mich mit Oshun zu verbinden. Es war ein Ruf, die Sehnsucht danach, meinen eigenen Körper zu beherrschen und unabhängig von Männern zu sein. Auch die Balance im Körper, die Menstruation geht über Oshun – dass der Zyklus läuft, dass man fruchtbar ist und Liebe empfängt. Mit diesem Tattoo habe ich mir gesagt: jetzt stehe ICH in meinem Zentrum. Das war noch lange, bevor Beyonce begonnen hat, über Oshun zu kommunizieren.
Die Orisha-Gottheiten sind eine Diaspora-Religion: Ihr Ursprung liegt in Nieroba, dem heutigen Nigeria. Diese Naturreligion, diesen Glauben gibt es schon viel länger, als es Nigeria gibt – die Grenzen in Afrika wurden ja willkürlich durch europäische Eroberer gezogen. Mit den Europäern wurde dieser Glaube durch Afrikaner dann nach Südamerika gebracht. Diesen Afrikanern wurde dort ihr eigener Glaube verwehrt: ihnen wurde das Christentum aufgezwungen. Das hat nicht funktioniert – sie haben schließlich aus ihrer alten Religion sehr viel Kraft geschöpft. Offiziell wurde Maria angebetet, aber die Rituale aus der eigenen Religion wurden beibehalten. Die Religionen wurden synkretisiert, in einander verschmolzen – eine Diaspora-Religion ist entstanden. Sie ist in Südamerika und in den USA unter Afroamerikanern sehr populär. Hier würde man sagen: ah, eine Minderheitenreligion. Aber es sind keine Minderheiten, wenn man über den Tellerrand blickt.
„Nothing can cross our spirit“: seelische und spirituelle Gesundheit
L: Ich meditiere. Auch, wenn ich mich nicht jeden Tag hinsetze, schaffe ich es, in den Moment zurückzufinden. Das bringt mich in Balance. Das Chaos ist ständig da und bedroht die persönliche Ordnung – aber that`s life. Meditation ist das ideale Tool, um mit dem Fluss des Lebens besser klarzukommen. Ich habe eine persönliche Art der Meditation entwickelt: ich nehme blind ein Buch aus meinem Regal und schlage intuitiv eine Seite auf. Dann lese ich sie und meditiere über das Thema, das auf dieser Seite angesprochen wird. Ich setze mich, mache die Balkontür auf und denke darüber nach. Da komme ich zu wunderbaren Einsichten.
C: Ich meditiere noch nicht aktiv - ich dusche extrem gerne. Wenn Wasser über meinen Kopf läuft, ist das für mich das beste Gefühl. Die Probleme in meinem Kopf lösen sich. Ich höre zu, bin aktiv auf meine Gedanken aufmerksam. Ich finde Lösungen. Wenn ich nicht weiterweiß, gehe ich duschen. Mein zweiter Tipp ist Kemetic Yoga: es ist ägyptisches Yoga mit viel Rhythmik, für mich die beste Meditation.
Bei den Orishas ist Rum eine Opfergabe, die du bringen musst, wenn du etwas von Oshun willst. Man nimmt spirituelle Bäder und gibt Rum dazu, um seine Aura zu reinigen und sich wiederzufinden. Spirituelle Hygiene. Das habe ich aber noch nie gemacht.
Kinder und Arbeit: ein Spagat
Die Kinder sind meistens bei den Meetings dabei. Es ist lebhaft und chaotisch, aber meistens lustig. Die zwei haben sich gegenseitig, das ist das Gute. Trotzdem braucht es starke Nerven: manchmal kann es sehr schwierig werden. Aber dadurch, dass wir einen Purpose haben, den wir durchziehen wollen, weil wir ganz stark an unser Movement glauben, machen wir es einfach möglich. Aber es ist nicht easy, sondern wirklich eine Herausforderung: Hut ab vor jeder Mama, die nebenbei Geld verdienen muss. Es ist wirklich kein Kinderspiel.
Buchempfehlung
Das Buch von dem du dir wünscht, deine Eltern hätten es gelesen (Philippa Perry). Es geht um Generationstrauma und innere Kindarbeit.
Sacred Woman (Queen Afua). Es geht um die Heilung der Weiblichkeit, sehr lehrreich, hat viele gute Ansätze. Betrachtet viele wissenschaftliche Ansätze kritisch. Das finde ich wichtig, ich empfehle es jeder Frau.
Mit Poesie zur Message
Poesie gibt dem Item eine persönliche, emotionale Note. Das bekannteste Poem stand auf unseren ersten Shirts und ist auch das, was die Leute auf unserer Fensterscheibe sehen, wenn sie an unserem Showroom vorbeigehen: „When I was a kid, I didn`t know I was one of us. I knew: I was different. Different, just like anybody else.“
Für die letzte Kollektion habe ich selbst ein Gedicht geschrieben:
I am a kid of the ocean.
My spirit crossed the sea.
I am the kid with that aura:
my spirit is free.
I walked and I stumbled
over roots running deep.
My purpose is simple:
can’t take that from me.
Good and bad may test my limit –
can’t cross my way,
can`t cross my spirit.
Q&A mit Leni & Cherelle
Tools & Rituale, die dir verhelfen zurück in deine Mitte zu finden? Kemetic Yoga
Liebste Art, dich fit zu halten: Leni - Boxen, Cher - Yoga & Tanz
Dein Go-To Rezept? Cher: Sweet Potato Stew, Leni: Curry mit Kokosmilch
Dein idealer Morgen: Sonne scheint und es ist aufgeräumt und erster Termin nicht vor 14 Uhr
Wie entschleunigst du nach einem stressigen Arbeitstag? Bad, Schlumberger
Wie schaut ein typischer Arbeitstag bei dir aus? Chaotisch
Maßnahmen, die du ergreifst, wenn du merkst du wirst krank: Vitamin C, Ingwer, heiss duschen, Bad nehmen, Honig, Minze all of that und vor allem nicht rausgehen
Self Care bedeutet für mich: Baustellen beheben (Leni)
Superfood deiner Wahl: Quinoa/Datteln
Nahrungsergänzungsmittel: Vitamin D
Lieblingsort weltweit: Kauai (Leni), Es Revellar (Cher)
Lieblingslokale: Propeller
Mit was bist du sparsam? Cher - Umarmungen Leni - Dankbarkeit
Bei was bist du extravagant? Leni - essen, Cher - bei Hair Extensions & Schmuck
Wer oder was inspiriert dich momentan? Yendry
Lieblings-Insta Accounts: Chaka Bars
App-Empfehlung: SVA und Handy-Signatur
Neueste Entdeckung: Bergkristall, Mandmilchmaker
Haare: Kokosöl und Wasser
Meine Hautpflege besteht aus: Temt, Aesop, Hauschka
Die wichtigste Lektion, die ich zum Thema Hautpflege gelernt habe ist: Wasser trinken
Schönstes Kompliment, dass du je bekommen hast: Du bist eine gute Mutter / Du bist inspirierend
2020 in einem Satz: The New Wow.
Etwas, was du gerne noch in dein Leben integrieren würdest, momentan aber noch nicht tust: Go back to music