Herbstlicher Ayurveda Guide für die Vata-Saison
Hoch die Hände, der Sommer ist zu Ende!
Ja, dieses Jahr konnten die warmen Tage gar nicht spät genug enden, damit wir so viel Zeit wie möglich draußen im Freien verbringen können, wo ein ganz neuer sozialer Raum erschlossen wurde. 2020 ist das Outdoor-Jahr, denn selten haben wir dort so viel Zeit verbracht und die Natur so zu schätzen gelernt.
Doch dieser Erholungs- und Erlebnisraum zieht sich nun zurück und mithilfe ein paar nützlicher Ayurveda-Tipps können auch wir gesundheitlich und emotional von der Herbstzeit profitieren und diese umso mehr genießen.
Gerade weil sich die kalte Jahreszeit dieses Jahr anspruchsvoller gestalten könnte, sollten wir schon früh auf uns achten, um uns selbst und die Menschen in unserer Umgebung zu schützen.
Im Ayurveda wird der Herbst als Zeit des Vata-Dosha bezeichnet. Vata, Pitta und Kapha sind die drei Doshas - die Tridoshas, die den Kosmos, die Natur und den Menschen prägen und verschiedenen Wandlungsphasen unterwerfen.
Diese Phasen können wir im Tagesablauf, im Jahres- und auch unserem Lebenszyklus beobachten. Jede Tageszeit, jede Jahreszeit und jeder Lebensabschnitt lässt sich einem Dosha zuordnen.
Vata ist den Elementen Luft und Wind zugeordnet und beschreibt das Raue, Trockene, Kalte, Luftige. Der Sitz von Vata ist in unserem Nervensystem, kontrolliert zudem den Katabolismus also die Abbauprozesse im Körper und die anderen beiden Doshas Pitta und Kapha. Aufgrund seiner Dynamik neigt Vata dazu schneller aus dem Gleichgewicht zu geraten und somit auch Pitta und Kapha zu destabilisieren.
Da der Ayurveda ein allopathisches Medizinsystem ist, wird immer mit dem gegensätzlichen behandelt. Hier gilt es also Wärme, Öl, Ruhe und Regelmäßigkeit in den Tagesablauf zu integrieren.
Besondere Pflege für die Nasenschleimhaut
Da wir während der Vata-Zeit zu unruhigem Schlaf tendieren, sollten wir uns an regelmäßige Schlafzeiten halten.
Ein guter Zeitraum wäre von 22-7 Uhr, also in der Kapha Zeit, damit wir nachts in einen tiefen Schlaf gleiten und morgens im Entspannungsmodus aufstehen. Im Herbst profitieren wir besonders von den Morgenritualen (siehe 10 Ayurveda-Self Care Tips), die wir in Ruhe ausführen.
Wir können unsere Gedanken besser auf das Jetzt fokussieren, wenn wir bereits eine feste Routine haben und Schritt für Schritt vorgehen. Bevor wir das Bett verlassen, meditieren wir dort noch für einen Moment oder verharren in bewusster Atmung.
Direkt nach dem Aufstehen gönnen wir uns ein Glas warmes Wasser oder Ingwer-Tee, da dadurch unsere Verdauung angeregt und eventuelle Verstopfungen gelöst werden. Oft folgt darauf automatisch schon der Gang zur Toilette, wo auch schon das Sitzen auf dem Klo die Verdauungsbewegung anregt.
Nach der Mundhygiene, Ölziehen etc. können wir unsere Nase mit etwas Öl reinigen - bei der Nasyam, werden entweder direkt 2 Tropfen in die Nasenlöcher gegeben und über den Rachen laufen gelassen, um auch die Mandeln zu reinigen. Es können aber auch direkt die Naseninnenwände mit Anu Tailam, Sesamöl oder Brahmi-Öl eingerieben werden.
Die Nase ist die „Pforte des Kopfes”, atmen wir also ständig trockene Heizungsluft ein oder stehen unter Stress, dann benötigt unsere Nasenschleimhaut besondere Pflege.
Durch das Öl stärken wir unser Immunsystem und lösen chronische Nackenverspannungen, Kopfschmerzen, Migräne und Tinnitus. Außerdem sind wir über die Nase mit unserem Nervensystem verbunden und können durch Nasyam das Zentrale und Vegetative Nervensystem beeinflussen und unsere psychische Stabilität verbessern.
Mit Yoga das Vata-Dosha ausgleichen
Um im Herbst die Beweglichkeit von Vata zu kontrollieren sind ruhige Sportarten mit einem mäßigen Aktivitätsgrad besser geeignet. Schwimmen, Fahrrad fahren, Pilates und natürlich Yoga.
Der Yoga ist eng mit dem Ayurveda verbunden, man nennt sie auch Schwestern derselben Philosophie und deswegen ideal um Vata auszugleichen.
Die kühlen und beweglichen Eigenschaften von Vata werden am Besten durch erhitzende und erdende Yogaübungen ausgeglichen.
Da sich das Vata-Dosha in der Beckenregion befindet, können wir durch gezielte Positionen den Druck auf das Becken und den Dickdarm erhöhen und durch vornüber gebeugte Positionen die Peristaltik anregen.
Asanas, die unser Gleichgewicht trainieren, fordern außerdem unsere volle Konzentration um Körperspannung und Atmung bewusst auszuführen.
In den Bewegungen ist die flüssige, langsame und bewusste Ausführung mit Haltungspositionen genau das richtige und kann durch Pranayamas, Atmungsübungen oder Meditationen unterstützt werden.
Stärkung der inneren Balance, Stabilität, Selbstbewusstsein, Fokus: Krieger (Virabhadrasana) I und II sowie das Dreieck (Trikonasana), Krieger III (Virabhadrasana C), Baum (Vrikshasana), Adler (Garudasana)
Für mehr Energie: geschmeidige Bewegungen und Twists, wie dem Sonnengruß (Surya Namaskar) und der Kobra (Bhujangasana).
Verdauungsfördernd: Schulterstand (Sarvangasana), die Pflugstellung (Halasana), Kindhaltung (Balasana)
Verdauungsfeuer mit wärmenden Gewürzen anregen
Das Frühstück sollte im Ayurveda nicht zu groß ausfallen, eine Schüssel warmer Getreidebrei mit Gewürzen und etwas gedämpftem Obst oder Kompott gibt die nötige Energie bis zum Mittagessen, das wir am Besten in der Pitta-Zeit von 10-14 Uhr einnehmen, da Agni unser Verdauungsfeuer zu dieser Zeit am stärksten brennt.
Wir nehmen unsere warme Mahlzeit in einer ruhigen Umgebung ein - ohne Lärm, Ablenkung, Ärger oder Zeitdruck. Es gilt die goldene Regel, dass wir keine kalten Getränke zu unserem Essen trinken, um das Verdauungsfeuer nicht wieder auszulöschen.
Besser sind erwärmende Kräuter- oder Gewürztees mit Ingwer, Zimt, Safran, Kurkuma, Fenchel oder Kardamom.
Wer auf seinen morgendlichen Kaffee nur schwer verzichten kann, aber durch den Kaffee noch unruhiger wird, der kann auf Grüntee umsteigen, da das dort enthaltene Koffein durch die Gerbstoffe erst allmählich und über den Tag verteilt freigesetzt wird.
Zwei Entschlackungstage: Fasten im Ayurverda
Außerdem können im Herbst auch Entschlackungstage eingebaut werden, an denen wir nur Reis- und Flüssigkeit zu uns nehmen. Dieses leichte Fasten nennt man im Ayurveda langhana. An diesen zwei Tagen sollten wir uns absolute Ruhe und körperliche Erholung gönnen.
Erster Tag: nur von einer Reis-Gemüsesuppe ernähren. 1 Handvoll Basmati-Reis und 250g Wurzelgemüse, Fenchel oder Zucchini mit einem halben Liter Wasser für 20 Minuten aufkochen und nach Geschmack würzen. Dies reicht für zwei Mahlzeiten, weshalb wir über den Tag verteilt zusätzlich 2,5 L Kräutertees trinken sollen.
Zweiter Tag: können wir dann zusätzlich noch ein abführendes Mittel einnehmen. Die Wirkung kann dabei je nach Typ variieren, Vata-Konstitutionen empfehle ich daher eher kleinere Mengen des Abführungsmittels. Morgens vor 6:30 Uhr nehmen wir 10-20 ml Rizinusöl ein und bewegen uns danach gemütlich oder gehen für einen Spaziergang in die Natur. Hauptsache wir sitzen und liegen nicht, denn das Rizinusöl kann sich sonst nur schwer doch den Verdauungstrakt bewegen. Die Wirkung setzt nach etwa 4 h ein, nach dem letzten Stuhlgang können wir dann unsere erste Mahlzeit einnehmen.
Am Abführungstag und am darauffolgenden Tag sollte nur leuchtverdauliche Nahrung aufgenommen werden, d.h. keine tierischen Produkte. Aber dafür gönnen wir uns eine Ölmassage, die den Entgiftungs- und Entschlackungsprozess zusätzlich unterstützt. Diese Entschlackungstage können dreimal im Abstand von 3 bis 4 Wochen wiederholt werden, um das Dosha-Gleichgewicht wieder herzustellen und den Winter fit und gesund zu genießen.
Vata-Regulation: work smarter, not harder
Der nächste Tip, den ich euch geben möchte, ist eine Herausforderung. Wir als Digital Natives sind in einer Zeit aufgewachsen in der Vata sehr dominant auftritt und seine Aufmerksamkeit von allen Seiten fordert.
Daher ist es schwierig sich nur auf eine Sache zu konzentrieren, denn es gibt genug optische und akustische Reize, die wir nur durch gezieltes Ignorieren ausblenden können.
Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir Multitasking vermeiden und uns stattdessen auf eine Aufgabe fokussieren, diese abschließen und dann mit der nächsten fortfahren.
Wenn wir uns nur wenigen Stimuli aussetzen und uns ein ruhiges, entspanntes und aufgeräumtes Arbeitsumfeld schaffen, haben den ersten Schritt zur Vata-Regulation schon getan. Währenddessen helfen immer wieder kleine Atmungspausen um unseren Fokus zu stärken und unseren Geist zu beruhigen.
Kreativität gehört zum Vata-Dosha, weshalb wir uns im Herbst oft auch wieder mehr unseren kreativen Hobbys zuwenden. Hilfreich sind dabei ebenso die oben genannten Tips, sowie eine nur begrenzte Auswahl an Materialien. Denn zu viel bringt nicht immer viel!
Mit Abhyanga (Selbstmassage) zur Ruhe kommen
Versuchen wir es doch mal im Analogmodus, wir klappen den Laptop zu, schalten das Handy auf Flugmodus und richten den Blick auf unsere Umgebung. Durch den eigenen Ruhezustand, wird die Geschwindigkeit mit der sich alles um uns herum bewegt umso klarer. In diesem Bewusstsein können wir den Blick nun auf uns richten, sei es in einer Yogaeinheit, Meditation oder Atemübung.
Abends ist dieser Zustand intrinsischer Ruhe umso wichtiger, um einen entspannten und erholsamen Schlaf zu haben. Während wir ruhigen Klängen lauschen, können wir uns ein Lavendel-Fußbad einlassen oder unsere Füße mit Öl massieren. Ölmassagen sind während der Vata-Zeit besonders hilfreich, allein schon um die trockene Haut zu pflegen, aber auch um die erwärmende Energie des Öls in den Körper zu bringen und die Organfunktionen anzuregen.
PHYTOTHERAPIE: ayurvedische Kräuter für Vata-Ungleichgewicht
Im Ayurveda werden Kräuter zu vielen verschiedenen Zwecken angewandt, sie können innerlich und äußerlich angewandt werden. Folgende Kräuter können unser Vata-Ungleichgewicht lindern:
TRIPHALA: fördert die Verdauung, da es als mildes Abführungsmittel gilt. Triphala kann etwa zwei Stunden nach dem Abendessen aber mindestens 30 Minuten vor dem zu Bettgehen eingenommen werden. Die drei Früchte in Triphala sind Haritaki, Amalaki und Bibhitaki.
SHATAVARI: Ein weiteres Heilkraut ist Shatavari, ein traditionelles ayurvedisches Tonikum, das zu unserer Verjüngung beiträgt, im Ayurveda wird das als rasayana bezeichnet. Durch seine schweren und öligen Eigenschaften ist es optimal zum Vata-Ausgleich geeignet, das die Verdauung und die Blutproduktion unterstützt.
ASHWAGANDHA: auch bekannt als Indischer Ginseng ist ein weiteres Phytotherapeutikum, das bei mentaler Unausgeglichenheit, Unruhe und Nervenleiden angewandt wird. Es besitzt beruhigende, erhitzende Fähigkeiten und sollte durch seine starke Wirkung nur in moderaten Dosen verwendet werden. Studien zur Wirksamkeit von Ashwagandha haben ergeben, dass bei 69% der Testpersonen Schlaflosigkeit und ängstliche Zustande abgenommen haben und durch die Einnahme niedrigere Cortisol-Werte gemessen wurden, die auf erhöhten Stress hinweisen.
BRAHMI: Ein weiteres Mittel ist Brahmi, das auf Sanskrit „Energie“ bedeutet. Ihm werden starke Wirkungen auf das Nervensystem, Konzentration, Haarausfall, Alterung und hartnäckige Hautprobleme nachgesagt. Es ist eines der wirksamsten Öle zum Vata-Ausgleich und kann täglich zur Selbstmassage angewandt werden.