Rohtranskript Calienna Interview

I: Ich sitze hier heute mit der lieben Miri von Calienna. Hallo Miri. Perfekter Morgen? 

B: Im Morgen nicht so wie ich gerne würde. Uns, also Calienna, gibt es erst seit 6 Monaten. Wir sind im dritten Lockdown, alles ist superchaotisch und garnicht so, wie es eigentlich sein sollte. Wahrscheinlich ist das für jedes Unternehmen, das neu startet normal, dass das erste Jahr voller überraschungen ist und eine Routine erst kommen muss. Vor Calienna war mein idealer Morgen: Aufstehen, 20 Minuten meditieren, Zitronenwasser holen, meistens halbe bis eine Stunde ein Workout, dann in den Tag starten. Das wird schon wieder kommen. Im Moment genießen wir, dass wir da voll eingetaucht sind und jeder Tag ist anders. Wir sperren eigentlich erst um 11 Uhr auf, in der Früh gibt es meistens schon irgendwelche Termine, Lieferungen, meistens sind wir schon um 8 oder 9 im Shop. Ich freu mich schon, wenn wieder Routine einkehrt. 

Urbaner jungle 

Die Pflanzen sind unsere Babys, um die wir uns mit viel Liebe kümmern. 

I: Euer Motto: Grow eveyday. Wie sieht das privat bei dir aus 

B: Für Calienna bedeutet das erstens eher wörtlich genommenes Wachsen von den Pflanzen und dass wir als Menschen uns irgendwie mit der Natur tiefergehend beschäftigen, uns das Wachsen und Gedeihen uns zum Ziel machen. Als zweites die philosophische Seite, da geht es um das eigene Wachsen. Es gibt relativ viele Bücher, es ist uns wichtig, dass wir Inhalte und eine Inspirationsbasis schaffen, wo es ums innere wachsen und sich selbst kennenlernen geht. Oft sind diese zwei Dinge sehr verbunden: wenn man sich mehr mit de richtigen Natur beschäftigt, beschäftigt man sich auch mit sich selber mehr. Der Christian hat in der Richtung Spiritualität als große Leidenschaft, bei mir sind es die Pflanzen. Da gibt es viel Überlappung, und so haben wir das als Basis geschaffen. 

Für mich privat: immer in meiner Integrität zu leben, ich selbst zu sein und mein Potenzial auszuschöpfen, das möglich ist. Das ist eine Reise, die nie aufhört. Das ist eine Lebensaufgabe für jeden. Um das geht es: auf sich selbst, die innere Stimme, die eigene Intuition hören. Grad in der Gesellschaft heute, Social Media und so, gibt es viele Ablenkungen sodass man sich selber ein bisschen verliert. Deswegen würde ich sagen: auch für mich, für uns ist genau das. 

I: Ihr wollt nicht nur ein Pflanzenshop sein, habt viel mehr vor und Bücher, oben einen Raum für Events… eure größere Vision? 

B: Die Pflanzen sind das Herzstück von Calienna, wir wollen das Grow every Day Thema aber auch durch die Bücher und den Lesestoff weiter ausweiten, wenn es die Pandemie und unsere Logistik wieder zulässt. Ein Teil vom oberen Stock soll umgebaut und als Gallery Space verwendet werden, auch für Lesungen, Talks, Yoga und Meditation, alles was uns einfällt. Um ein Platz für Inspiration zu sein. Nicht nur dass man was einkaufen kann, sondern auch, dass man was für sich selber mitnehmen kann. Was vielleicht eher mental, im kopf ist, wenn es in die nächste phase geht, die hoffentlich nicht allzu weit entfernt ist. Daweil schauen wir mit Geduld zu. 

I: Der Weg zur Liebe zu den Pflanzen 

B: Ich bin gebürtige Tirolerin und hab die letzten 12 Jahre bevor wir nach Wien gekommen sind im Ausland verbracht und hab in schnelllebigen Metropolen gelebt und gearbeitet und war wirklich drinnen in diesen Hamsterwheel. Habs lang genossen, aber irgendwann gemerkt, wie ich älter geworden bin, dass ich einen Ausgleich brauch, eine Balance zu der sehr schnellebigen, stressigen Arbeit. Ich habe lange in Agenturen als Brand strategist gearbeitet, der Christian, mein Mann, war Creative Director. Ist er jetzt noch immer, für Calienna. Wir haben alle Leidenschaften in dieses Konzept gesteckt. Wir haben beide in diesen Pitchlastigen, projektbasierten, schnellebigen Agenturen gearbeitet und mehr oder weniger von einem screen sind wir zum nächsten gegangen, haben die ganze Zeit vor Laptops verbracht, auf der Subway schaut man aufs Handy, ist in Whatsapp und Instagram, am Ende ist man so müde, dass man eh nichts mehr machen kann und vor dem Fernseher sitzt. Von einem Bildschirm zum nächsten. In unserer Arbeit war alles immer sehr abstrakt, wir haben auf einer Konzeptbasis gearbeitet, die eh oft auch umgesetzt wird – aber es ist oft diese Konzeptionsphase, in der wir involviert waren, ich habe immer mehr diesen Ausgleich gesucht. Wie wir in London waren, haben wir das Glück gehabt, dass wir in der Nähe von dem Columbia Road flower market (??) gewohnt haben. Der Markt ist immer am Wochenende einen Tag lang, da verkaufen sie Blumen und Pflanzen. Ich bin irgendwie so süchtig geworden, es ist kein Wochenende vergangen, wo ich den Christian nicht immer dahingeschleppt hab – ich habe ihn immer gebraucht, weil ich immer so viele Pflanzen mit heimgenommen hab. Das ist zum totalen Ritual geworden. Ich habe am Anfang auch nicht so viel gewusst, das ist schon viele Jahre her, aber ich habe immer mehr darüber gelesen und dann hat sich das so entwickelt. Dann hat der Christian über mich gelacht und gehört, wie ich in der Küche bin, was gekocht hab und immer nur Pflanzenpodcasts anhöre. Es hat mich nichts mehr interessiert, es war so faszinerend das zu lernen, eine Pflanze zu verstehen, wo kommt sie her, was braucht sie deshalb? Warum sieht sie traurig aus, was kann ich dagegen machen? Diese Liebe ist mit der Zeit gewachsen. Dann habe ich auch Online-Pflanzenkurse gemacht. Es gibt extrem viele gute Bücher und Onlineinhalte, aber man muss online darauf achten, dass auch viel Blödsinn steht, dafür muss mein ein Gefühl entwickeln. Über Jahre habe ich mich voll mit dem Thema beschäftigt und dann gewusst: wir wollten nicht ewig in dieser Agenturwelt sein, wir wollten unser eigenes Ding machen, und dann ist diese Idee, die jetzt Calienna geworden ist, gewachsen in unseren Köpfen. Es war drei Jahre lang, das wir daran gearbeitet haben. Wir sind beide keine risikofreudigen Typen, was wirklich lustig ist. Dadurch, dass es so lang gewachsen ist und wir uns am Ende dann schon so sicher waren dass wir das machen wollen, wir haben das Gefühl gehabt wir stehen Hand in Hand vor einer Klippe und müssen jetzt runterspringen. Wir sind zwei Jahre da oben gestanden und haben runtergeschaut. Dann sind wir halt irgendwann gesprungen, und das ist jetzt das Resultat. Ich glaube, dass sich das entwickelt hat, weil wir immer an konzeptionellen Projekten gearbeitet haben – dadurch haben wir dann selber die pdfs füreinander gemacht, dieser Aspekt, und dieser, und hatten dann nach einiger Zeit ein pdf wo wir wussten, ok, wir müssen das jetzt machen. Wir wollten immer schon nach Wien, das war so im Hinterkopf, arbeitsmäßig hat sich das dann auch mit dem Brexit gut ergeben, es war eine gute Zeit zu gehen. Wir sind nach Wien gezogen, haben gefreelancet, in der Zeit waren wir uns dann sicher dass wir das machen wollen – ich habe mit den Kursen noch mehr Gas gegeben. In London habe ich noch eine Zeit lang neben meinem Vollzeitjob meinen Chef überzeugt dass ich nebenbei ein Praktikum machen kann in einem Floristengeschäft in east london, von der Autorin von dem Buch „how not to kill your plants“. Das war witzig: auf der einen Seite bin ich Präsentationen für große Kunden gemacht und am nächsten Tag war ich in dem Blumengeschäft und hab gekehrt, Kartons zusammengefaltet. Es war eine lustige Zeit. Dann haben wir die Location entdeckt. Wir haben lange dafür kämpfen müssen, es war ein ewiges Hin und her, wir dachten wir haben sie verloren, dann ist sie doch wieder gekommen, und irgendwann haben wir diesen Mietvertrag unterschrieben, jetzt sind wir da. 

I: wie viele pflanzen zuhause 

B: Wir haben viele hergegeben und verschenkt, auch in London – man konnte nicht alle im Umzug mitnehmen, aber ich würde sagen zuhause um die 60. Keine Ahnung, wie viele es auch hier insgesamt sind – aber wir haben viele Babys 

I: Lieblingsbaby? 

B: Das ändert sich immer ständig. Für mich ist das coolste, dass ich früher, vor eineinhalb Jahren bestellt habe und gehofft und gebetet habe, dass die nach drei-vier Tagen shipping in einer Kartonbox noch irgendwie lebend ankommen, dass ich die jetzt selber verkaufen kann, das ist irgendwie der größte Traum. Es schaut noch schöner aus als erwartet, das ist das tollste. Ich habe keine Lielbingspflanze. So geht es auch den Kunden: natürlich gibt es ein paar Bestseller, die den meisten Leuten gefallen, aber es ist für jeden was ganz anderes interessant. Es kommt auch auf den Lebensstil an: bist du jemand, der viel gießt oder eher jemand, der viel reist und daher etwas braucht wo er nicht zuhause sein will, oder willst du nur 5 große oder 100 Minipflanzen, voll unterschiedlich und kommt auf die Persönlichkeit drauf an. 

I: Zimmerpflanzen erleben einen Hype, warum? 

B: Wir waren uns dessen nur teilweise bewusst bevor wir gestartet sind. Natürlich hat man gemerkt: es wird mehr darüber geschrieben, es ist präsenter auf Instagram, aber jetzt, da wir selber in diese Szene sind, kriegen wir es viel mehr mit. Auf der einen Seite geht es vielen Leuten so wie uns damals: alles wird schnellebiger, stressiger, obwohl die Pandemie uns jetzt auch gebremst und entschleunigt hat. Aber generell geht die Welt doch in eine sehr klare Richtung was das angeht, und ich glaube, dass viele Leute dieses Grounding, diese Verbindung zurück zur Natur brauchen. Gerade in den Städten: die Wohnungen werden immer kleiner, man lebt mit vielen Leuten auf relativ engem Raum zusammen, es gibt nicht viel access zur Natur. Man verbringt so viel Zeit in den eigenen 4 Wänden: ich habe eine amerikanische Studie gelesen: Der Mensch verbringt 90% seines Lebens indoor. Wenn man sich überlegt, was das eigentlich bedeutet: wir SIND Teil der Natur, und wir verlieren das komplett. Wir haben immer geheizte Räume, bekommen das saisonale nicht mit. Auch Tageslicht: wir sind nicht mehr mit dem natürlichen Lichtrythmus verbunden. Alles ist künstlich. Ich habe mal was über Casinodesign gelesen: in den Casinos, in Vegas und so, gibt es absolut kein natürliches Tageslicht, damit man nicht weiß, welche Uhrzeit es ist, damit man sich nicht abhalten lässt und weiterspielt. Es ist faszinierend, wie das die Sinne blockiert. Es hängt einfach damit zusammen, dass viele Leute dieses selbe Gefühl haben – auch Instagram spielt eine große Rolle, jeder hat eine MONSTERRA (?) in einem Eck stehen, man sieht es überall, das spricht einen visuell an. Und die Pandemie hat sicher auch mitgespielt: man verbringt mehr Zeit zuhause, braucht neue Hobbies, das sind alles die Dinge, die halt super dafür sind, weil man lieber Zuhause ist, wenn man etwas lebendes herum hat worum man sich kümmern kann. 

I: Nasa, clean air study, luftreinigende Pflanzen: können sie das? 

B: Generell ist es so, dass Pflanzen Kohlendioxid aus der Luft nehmen und Sauerstoff produzieren. Das heißt: jede Pflanze hat eigentlich den großen Vorteil, dass sie mehr Sauerstoff in die Luft bringt, das ist was gutes. Dann gibt es einige Pflanzen, die die wirklich Sachen wie Formaldehyd oder Benzol, diese Chemikalien, die oft in den Farben, im Boden, weniger vielleicht im Haus aber in den Bürogebäuden und öffentlichen Gebäuden sind aus der Luft ziehen und reinigen, da gibt es ein paar, die das wirklich tun. Das hat die Nasa bestätigt. Man soll nur bestimmte Pflanzen im Schlafzimmer haben, das hängt auch damit zusammen – aber das ist mehr Mythos als Realität. Pflanzen produzieren Sauerstoff, solang es Licht gibt. Dann entziehen sie der Luft etwas Sauerstoff in der Nacht. Dann haben die Leute aus irgendeinem Grund die Idee entwickelt, dass dir die Leute den Sauerstoff im Schlafzimmer stehlen während du schläfst. Aber es ist so eine geringe Menge, dass das garnichts ausmacht. Wenn jemand neben dir schläft in der Nacht, wäre das hunderttausendmal mehr – im Wald kann man auch gut schlafen ohne Sauerstoffmangel, eher im Gegenteil. Da gibt es viele Mythen. 

I: Pflanzen die helfen mit der Luftreinigung 

B: Eine typische Pflanze ist die Sansevieria, Bogenhanf auf Deutsch. Dann die Zazaenas, Chlorophytom, die Grünlilien, dann die FUMBAHIA / SUMBACHIA – die sind aber eigentlich giftig, wer eine neugierige Katze hat sollte aufpassen. Aber sie sind extrem gut gegen Schadstoffe, Chemikalien aus der Luft ziehen. Epipremnum-Arten, also Efeu, die schönen Hängepflanzen die pflegeleicht sein, Aloe Veras und Howea Fosteriana, das sind die Kentia-Palmen. 

I: Für das Schlafzimmer bestimmte Pflanzen / besonders geeigtnetß 

B: Es ist eine Typfrage. Wenn ein Kunde sagt: er will eine Pflanze für ein Zimmer, ist die erste Frage: Wie schaut es mit dem Licht aus? Wenn der Standort nicht passt für die Pflanze geht es nicht – wenn es passt, muss man nur noch richtig gießen. Es ist eher, was einem persönlich gefällt. Manche würden nie einen Kaktus ins Schlafzimmer stellen weil das für die negative Energie ist, andere wollen was softes, nach Feng Shui sagt man: wenig aber große Pflanzen im Schlafzimmer. 

I: Tipps gegen unfähiges Gärntern 

B: 80% der Pflanzen sterben, weil man es zu gut meint und sie übergießt. 2 Sachen die man machen sollte, bevor man eine Pflanze gießt: 1. Die Pflanze im Topf aufheben. Da bekommt man schon ein Gefühl: ist sie ganz leicht? Dann ist weniger Wasser in der Erde. Dann kann man sie gießen. Der zweite: der Fingertrick. Einfach den Finger in die Erde stecken. Nicht nur oben vorsichtig, sondern richtig reinstecken, da muss man bisschen die Maniküre beschädigen und tiefer hineinbohren. Wenn die ersten paar cm trocken sind, ist es ein gutes Zeichen. Aber wir sind alle Routinemenschen und nicht unbedingt angepasst an die Jahreszeiten und so – aber unsere Pflanzen sind das voll, auch wenn sie in einem künstlichen Raum stehen. Die wissen, ob es Sommer oder Winter ist und brauchen je nachdem mehr oder weniger Wasser. Darum ist es wichtig, dass wir das testen, dann wissen wir es sofort. 

I: Obwohl sie in einem klimatisiert, geheizten Raum sind, verbinden sie sich trotzdem mit der Natur und funktionieren in diesem Rhythmus. 

B: Man denkt sich: das kann garnicht sein, aber sie nehmen wirklich so das Licht auf und die haben ihre Wachstumsphase, meistens von April bis Oktober, und dann die Ruhephase, im Herbst und Winter. Wir können dasselbe tun: Im Winter mehr Schlaf, Entspannung, Gemütlichkeit, im Sommer mehr Energie, man gibt mehr Gas. Das ist bei Pflanzen auch in der Pflege so: man muss im Winter weniger tun, die wollen nicht umgetopft und gegossen werden, die brauchen einfach genügend Licht und Ruhe. Ich denke mir: Da kann man sich oft was abschauen. 

I: Licht: Faustregeln? 

B: Wichtig ist, dass man weiß: man muss sich damit beschäftigen, wie sich das Licht durch den Raum bewegt. Das ist verschieden an einem grauen Dezembertag und einem sonnigen Augusttag, und was das dann für die Pflanzen bedeutet. Es muss nicht überfachlich sein und man braucht keine superkomplizierten Messgeräte, sondern einfach überlegen: da brennt jeden Nachmittag voll die Sonne hin, und in dem Eck daneben ist ziemlich dunkel. Was bedeutet das? Welche Pflanze stellen wir dahin? Und schauen, in welche Richtung die Fenster gehen. Ein Südfenster ist vielleicht nur für Pflanzen geeignet, die echt viel Sonne vertragen, ein Nordfenster für Pflanzen, die nur ganz wenig mögen und Osten und Westen ist so dazwischen, je nachdem kann man deuten und entscheiden, was man wohin stellt. Wenn wir Kunden da haben besprechen wir das als erstes. Daher kommt der Mythos von grüner und schwarzer Daumen: viele Leute kaufen irgendwo eine Pflanze und stellen sie dorthin, wo man gerade ein Fleckerl hat und gießt sie einmal die Woche. Da kann sehr viel schiefgehen. Deswegen ist es gut, wenn man ein bisschen weiß: woher kommt die Pflanze? Was braucht sie? Erstens macht es dann mehr Spaß, man hat mehr dieses Erfolgsgefühl, für mich persönlich gibt es nichts schöneres als wenn man sieht: da kommt ein großes neues Blatt, das ist so toll, das find ich immer voll schön, man merkt es auch bei den Kunden, wenn es funktioniert, dann taugts einfach mehr. 

I: Welche Pflanzen gedeihen auch in dünkleren Orten? 

B: Ein paar sind super geeignet und halten direkte Sonne überhaupt nicht aus. Das sind: Calathea-Arten, die sind nicht so pflegeleicht aber super beliebt, die sind eher anspruchsvoll weil sie eine hohe Luftfeuchtigkeit brauchen. Die kommen vom Dickicht im Regenwald, perfekt fürs Badezimmer solang es ein Fenster gibt. Dann wieder Sansiverias, Sasena, epipremnum sind super geeignet. Wir haben gerade in Wien, weil der Winter so grau ist, haben wir viele Pflanzen wo wir schauen, dass sie dafür gut geeignet sind. Viele sind Schattentolerant – aber das heißt nicht, dass sie den Schatten so sehr lieben, da wär ein indirektes Licht gut geeignet. 

I: Viele Leute duschen ihre Pflanzen. Warum? 

B: Das ist gut für viele. Bei Kakteen oder so eher nicht, die kommen eher aus der trockenen Wüste, aber die ganzen tropischen Pflanzen, viele lieben das halt, generell wenn man sich überlegt: wo kommt die Pflanze eigentlich her? Wenn man das nachahmt, fühlen sie sich am wohlsten. Viele tropischen Pflanzen sind aus dem Regenwald, wo die Luftfeuchtigkeit höher ist, wo es mal voll durchregnet und so. Mit der Dusche ahmt man den Regen nach. Es soll kein eiskalter Strahl sein, eher so Zimmertemperatur, so kann man die Blätter reinigen. In der Natur durch Wind und Regen gibt es das nicht, aber im Zimmer schließen sich da schnell die Poren und sie können nicht mehr atmen wie sie es normalerweise tun würden. 

I: Wie oft sollte ich Pflanzen zurückschneiden? 

B: Kommt auf die Pflanze an. Wenn man zurückschneidet, ist der Frühling immer am besten. Das ist die Zeit, wo die Pflanze in die Wachstumsphase übergeht, da sind sie wieder richtig motiviert zum wachsen. Dann können sie das gut überstehen und wieder Gas geben. Epiprenums, wenn die ganz lang hängen, kann man sie schneiden damit sie oben wieder voller werden. 

I: Wenn eine Pflanze traurig dreinschaut – gibt es ein SOS-Kit? 

B: Ich würde sagen: man sollte zuerst schauen: wie ist der Standort? Ist der richtig, kriegt sie genug Licht? Welche Jahreszeit haben wir? Beim gießen ist es so, dass wir ziemliche Routinemenschen sind – wir sagen: oh, es ist Sonntag, mein Gießtag. Ich habe auch am Anfang diesen Fehler gemacht. Wenn man die Pflanze komplett unregelmäßig gießt, sieht man es ihr an. Beim gießen sollte man schauen: ist sie zu feucht? Ist sie zu trocken? Wenn es wirklich schon ganz kritisch ist, wäre es gut, wenn man die Pflanze aus dem Topf nimmt und ein bisschen die Wurzeln begutachtet. Es ist oft so: wir sehen ja nur einen Teil der Pflanze, aber das ganze Netzwerk an Wurzeln werden durch den Topf und die Erde versteckt. Wenn wir den aber herausholen, anschauen, dann sagt einem das unglaublich viel über das Innenleben der Pflanze. Sind die Wurzeln vertrocknet? Das heißt, es wurde zu wenig gegossen. Oder sind sie matschig und schwarz? Das ist ein Zeichen für zu viel Liebe. Viele Pflanzen haben im Topf keinen Platz mehr und können kein Wasser mehr aufnehmen und nicht mehr genug Erde da ist, um ihr das Wasser zu geben das sie braucht. Gelbe Blätter können auch ein Zeichen dafür sein, dass sie einen größeren Topf braucht. Oder braucht sie Nährstoffe? Muss sie gedüngt werden? Sollte man die Erde auswechseln? Nach einer Zeit sollte man düngen – sie kommen von den Züchtern meist gut gedüngt, und es ist auch so dass die Erde, wenn man sie am Anfang umtopft, auch wichtige Nährstoffe noch beinhaltet. Aber nach 6-8 Wochen ist das normalerweise weg. Man soll aber nur düngen, wenn man Wachstumsphase hat, also April bis Oktober. In dieser Zeit brauchen die Pflanzen diesen Extra-Nährstoff. Im Herbst-Winter nur die, die wirklich trotzdem weiterwachsen würde ich bisschen düngen in der Zeit. Aber generell kann man vielleicht bei jedem zweiten Mal gießen ein bisschen Dünger ins Gießwasser geben von April bis Oktober, dann ist man meistens gut aufgehoben. Nicht übertreiben mit Dünger, das kann auch zu Chaos führen. 

I: Schädlinge – DIY-Sachen? 

B: Schädlinge sind der Horror und leider Teil von jedem Pflanzenleben. Es ist sehr schwer, Schädlinge komplett zu vermeiden. Es kommt sehr stark auf den einzelnen Schädling drauf an – aber viele Schädlinge, wie Spinnmilben oder Wollläuse kommen gerne bei trockenen Bedingungen. Da ist es ganz gut, wenn man die Pflanze hin und wieder besprüht und die Luftfeuchtigkeit erhöht, dann ist das so vorbeugend. Wenn sie aber mal da sind, dann ist Neem-Öl ganz hilfreich wenn man es mit Wasser mischt, manche Leute lieben auch Nützlinge, also andere Insekten die man auf die Pflanze tut, die die Schädlinge essen, da passiert dann ein Krieg auf der Pflanze, persönliche Entscheidung ob man das mag oder nicht. Was ganz witzig ist: die Schädlinge kommen gern, wenn die Pflanze aus irgendeinem Grund gestresst ist. Wenn sie zu viel gegossen worden ist, zu wenig, in schlechtem Licht steht, Wohnungsumzug ist typisch. Sie stößt dann Stresshormone aus, die ziehen dann Schädlinge an. Wie es auch bei uns Menschen der Fall ist, schauen: Was ist der wirkliche Grund? Und sich auch um das kümmern, nicht nur darum, dass die Schädlinge verschwinden, sondern auch das Immunsystem stärken. 

I: Man kann mit den Pflanzen den Energiefluss im Haus beeinflussen. Kannst du Pflanzen empfehlen für mehr Positivität zuhause? 

B: Jede Pflanze bringt positive Energie. Ich glaub das ist auch wieder sehr persönlich, was einen anspricht – kommt stark auf die Person an. So wie es bewiesen ist: Pflanzen helfen Geruch zu reinigen, die helfen mit der Konzentration, sie haben stresshemmende Wirkungen. Pflanzen in Krankenhausen helfen den Patienten, schneller zu heilen. Generell schadet es nie. Es gibt ein paar Ausnahmen: ein Ficus benjamin kann bei manchen Menschen Allergien auslösen, aber das ist ganz selten. Darum: wenn dich etwas anspricht, versteh was es braucht und nimms mit heim. Das ist das schöne für mich an Pflanzen: dass sie einen viel lehren. Geduld ist ein wichtiger Punkt. Sie brauchen so lang wie sie brauchen, lassen sich Zeit, es ist nicht die instant gratification die man bei anderen Dingen gewohnt ist. Und dass man mehr mit den Jahreszeiten lebt. Das sind so die Sachen, die zu positiver Energie und zum Glücklichsein Zuhause mithelfen. 

I: Hast du Pflanzenrituale? 

B: Ich spreche nicht mit meinen Pflanzen – sollte ich vielleicht, aber unsere Pflanzen bekommen dafür sehr viel Musik. Viel spielen viel HipHop Disco, Reggae, 80ies, sie mögen das, hat sich noch keine beschwert. Jetzt sind wir viel Zuhause um uns zu können: ich mag nichts lieber als einmal mit Tee oder Wein, je nach Uhrzeit, alle Pflanzen durchzuschauen, abzuduschen, umtopfen, gießen, beschneiden, sich ein paar Stunden nehmen und bei jeder Pflanze abchecken wie es ihr geht. Das ist immer ein guter Zeitpunkt, dass man schaut, ob Schädlinge draufsind. Einfach sich damit beschäftigen – wie Meditation ohne Meditieren, das hat mir immer diese innere Ruhe gegeben, wenn man sich einen Nachmittag nimmt und die Musik im Hintergrund hat. Sehr beruhigend. 

I: Ihr habt auch viele Bücher – drei Empfehlungen? 

B: Wir haben ganz viele unterschiedliche Bücher. Einerseits Bücher von der School of Life – kennst du das? Die sind so cool, sie sind ein super Einstieg. Super interessante Themen: Sex, Partnerschaft, Freundlichkeit, Wert der Dinge, warum wir alles immer billiger kaufen wollen. Eine Mischung aus ganz verschiedenen Sachen. Die sind gut für Einsteiger, die noch keinen tausendseitigen Eckhart Tolle lesen wollen. The power of now und solche Sachen, auch total toll. Eines meiner Lieblingsbücher war schon immer: Viktor Frankl, men search for meaning. Das ist eines der inspirierendsten Bücher, die ich je gelesen hab. Das könnte ich hundertmal Lesen und immer was neues finden. 

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