Grow Every Day! mit #PlantMom Miriam von Calienna (Ep. 70)
Heute verbringen wir die meiste Zeit in geschlossenen Räumen. Statt dem natürlichen Lichtrhythmus und den Jahreszeiten zu folgen, sperren wir uns in eine künstliche Umgebung.
Immer mehr Menschen suchen Erdung & die Verbindung der Natur und holen sie sich nach Hause: Indoor Pflanzen!
Miriam vom Pflanzenshop & Concept Store Calienna in Wien klärt im Podcast all deine Pflanzenfragen:
Wie finde ich die richtige Pflanze für mich? Welche Pflanzen machen gute Luft? Wie lauten die Geheimnisse von einem Grünen Daumen? Was kann ich bei traurigen Pflanzen oder Schädlingen tun?
So viel sei verraten: auch Pflanzen lieben Routinen mit Wein, 80ies Playlist und Achtsamkeit!
(Das Interview wurde vor knapp 2 Jahren geführt - es hat sich bei Calienna einiges verändert. Schau unbedingt rein!)
Miriams perfekte Morgen
Aufstehen, 20 Minuten meditieren, Zitronenwasser trinken, eine halbe Stunde Workout machen, den Tag starten – das ist mein idealer Morgen.
Momentan ist es etwas stressiger: uns, Calienna, gibt es erst seit 6 Monaten (Stand zum Release der Folge: 2 Jahre und 2 Monate. Und es hat sich Einiges weiterentwickelt!). Es ist wohl für jedes junge Unternehmen normal, dass das erste Jahr voller Überraschungen ist und die Routine erst kommen muss - im Moment genießen wir, dass wir voll eintauchen und jeder Tag anders ist.
Obwohl wir erst um 11 Uhr aufsperren, gibt es meistens schon ab 8 oder 9 viel im Shop zu tun. Unsere Pflanzen sind unsere Babys, um die wir uns mit viel Liebe kümmern.
Das Leitmantra: Grow every day
Für Calienna hat dieses Mantra zwei Bedeutungen. Einerseits das wörtlich genommene Wachstum von Pflanzen, andererseits das Thema „inneres Wachsen“ – auch wir Menschen können uns Blüte und Gedeihen zum Ziel machen. Wir haben viele Bücher, die eine Inspirationsbasis schaffen. Wer sich mit der Natur beschäftigt, lernt auch sich selbst besser kennen.
Meine große Leidenschaft sind Pflanzen. Christian, mein Lebens- und Geschäftspartner, hat eine große Begeisterung für Spiritualität.
Diese beiden Pfeiler schaffen die Basis für Calienna. Das Herzstück sind die Pflanzen – das „grow every day“-Thema lebt in den Büchern und unserem creative Studio weiter.
Man soll bei Calienna nicht nur einkaufen, sondern auch etwas fürs Leben mitnehmen.
Für mich privat bedeutet dieses Motto, immer in meiner Integrität zu leben. Ich selbst sein, mein Potenzial ausschöpfen. Es ist eine Reise, die nie aufhört, eine Lebensaufgabe für jeden. Auf sich selbst, die innere Stimme, die Intuition hören. Gerade in der heutigen Gesellschaft gibt es so viele Ablenkungen – man verliert sich selbst ein bisschen. Man braucht Bewusstheit, um sich selbst wieder zu finden.
Von der wachsenden Pflanzenliebe
Die letzten 12 Jahre habe ich in schnelllebigen Metropolen gelebt und gearbeitet. Lange habe ich es genossen – aber irgendwann wollte ich einen Ausgleich. Mein Mann Christian und ich haben beide in pitch-lastigen, schnelllebigen Agenturen gearbeitet: ich als Brand-Strategist, er als Creative Director. Wir haben unser ganzes Leben vor dem Laptop verbracht. Beide unserer Jobs waren sehr abstrakt – wir haben einen Ausgleich in der Praxis gesucht.
In London haben wir in der Nähe des Columbia Road Flower Market gewohnt. Ich bin süchtig geworden – es ist kein Wochenende vergangen, an dem ich Christian nicht hingeschleppt habe. Ich bin immer tiefer in das Thema eingetaucht: es war so faszinierend, eine Pflanze zu verstehen.
Wo kommt sie her?
Was braucht sie deshalb?
Was kann ich tun, wenn sie traurig aussieht?
Meine Liebe zu dem Thema ist mit der Zeit gewachsen.
Neben meinem Vollzeitjob habe ich ein Praktikum bei einer Floristin in London begonnen. Es war ein lustiges Doppelleben: in der Agentur habe ich für große Kunden Präsentationen gehalten, im Blumengeschäft durfte ich kehren und Kartons falten. Ich habe Bücher gelesen und Onlinekurse gemacht.
Über die Jahre wurde klar: wir wollen nicht ewig in dieser Agenturwelt stecken. Wir wollen unser eigenes Ding machen. So ist die Idee, die jetzt Calienna geworden ist in unseren Köpfen gewachsen. Wir haben alle unsere Leidenschaften in dieses Projekt gesteckt und sehr lange am Konzept gefeilt.
Durch den Brexit sind wir nach Wien gezogen – erst als Freelancer, dann ging es an unser Projekt. Wir sind beide nicht risikofreudig – es war definitiv eine Überwindung. Es war, als würden wir gemeinsam an einer Klippe stehen – zwei Jahre lang haben wir hinuntergeschaut, dann sind wir endlich gesprungen. Das Resultat davon ist jetzt Calienna.
Faszinierende Vielfalt
Zuhause haben wir um die 60 Pflanzen. Jede einzelne ist mein Baby, ich habe keinen Liebling – sie sind so verschieden, dass das ständig wechselt. Bei Kunden gibt es natürlich ein paar Bestseller – aber im Endeffekt ist für jeden etwas anderes interessant.
Welche Pflanze passend ist, hängt von den Umständen ab:
Wie sind die Lichtverhältnisse am gewünschten Platz?
Muss sie pflegeleicht sein, darf sie Ansprüche haben?
Will jemand 5 große oder 10 kleine Pflanzen?
Jedem gefällt etwas anderes, universelle Favoriten gibt es nicht.
Wenn ich vor eineinhalb Jahren eine Pflanze bestellt habe, musste gehofft und gebetet werden, dass sie nach drei-vier Tagen Shipping in einer Kartonbox noch heil ankommt. Es ist der größte Traum für mich, dass ich diese Pflanzen jetzt selbst verkaufen kann.
Das beste daran: meistens sind die Pflanzen noch schöner als erwartet.
Der Zimmerpflanzen-Hype
Zimmerpflanzen erleben momentan ein Comeback.
Vielen Leuten geht es wie uns damals: Alles wird schnelllebiger, stressiger, wir sehnen uns nach etwas Erdendem. Wir suchen die Verbindung zurück zur Natur. Gerade in den Städten werden die Wohnungen immer kleiner, man lebt mit vielen Leuten auf engem Raum zusammen, es gibt nicht viel Zugang zur Natur.
Man verbringt so viel Zeit in indoor-Räumen: laut einer amerikanischen Studie verbringt ein Mensch 90% seiner Zeit drinnen. Dabei sind wir Teil der Natur – und wir verlieren das komplett! Wir haben immer geheizte Räume, bekommen das saisonale nicht mit, es ist alles beleuchtet, der natürliche Lichtrhythmus geht verloren. Alles ist künstlich. Viele Menschen haben dasselbe Gefühl.
Auch Social Media spielt eine große Rolle: Zimmerpflanzen sind in jedem Instagram-Feed präsent, jeder hat eine Monstera im Eck stehen. Die Pandemie hat sicher ihren Teil getan: man verbringt mehr Zeit zuhause, braucht neue Hobbies. Wenn man etwas Lebendiges um sich hat, worum man sich kümmern muss, fühlt man sich wohler.
Pflanzen: der optimale Luftfilter?
Pflanzen nehmen Kohlendioxid aus der Luft und produzieren Sauerstoff. Jede Pflanze bringt zusätzlichen Sauerstoff in die Luft. Es gibt einige Pflanzen, die sogar Formaldehyd oder Benzol filtern können, also Chemikalien, die oft in Farben und Böden sind.
Das ist in Bürohäusern und öffentlichen Gebäuden relevant. Insofern trägt jede Pflanze definitiv zur Verbesserung der Luftqualität bei.
Dass man nur bestimmte Pflanzen ins Schlafzimmer stellen sollte, ist ein Mythos. Pflanzen produzieren Sauerstoff, solang es Licht gibt – in der Nacht entziehen sie der Luft etwas Sauerstoff. Daraus hat sich die Annahme entwickelt, dass die Pflanze in der Nacht den Sauerstoff stiehlt, während du schläfst – aber wenn jemand neben dir schläft, verbraucht die Person 1000mal mehr Sauerstoff.
Die besten Luftreiniger
Sanseviera (Bogenhanf)
Drasaena
Chlorophytum (Grünlilie)
Epipremnum-Arten (Efeu)
Aloe Vera
Howea Fosteriana (Kentia-Palme)
Tipps für einen grünen Daumen
Nicht übergießen: 80% der Pflanzen sterben, weil man es zu gut meint und übergießt. Vor dem Gießen sollte man die Pflanze im Topf aufheben. Ist sie leicht? Dann ist wenig Wasser in der Erde, sie sollte gegossen werden. Dann der Fingertrick: man steckt den Finger in die Erde, um die Feuchtigkeit zu checken. Aber nicht nur oben vorsichtig herumkratzen, sondern tief hineinbohren. Wenn die ersten paar Zentimeter trocken sind, kann gegossen werden.
Jahreszyklus beachten: Wir sind Routinemenschen – aber unsere Pflanzen leben nach den Jahreszeiten. Sie verbinden sich mit dem Licht und haben im Frühling und Sommer ihre Wachstumsphase. Richtung Herbst und Winter kommt die Ruhephase: hier brauchen sie vor allem Licht und Ruhe. Obwohl Pflanzen in klimatisierten, geheizten Räumen stehen, wissen sie, wann Sommer und Winter ist – und brauchen je nachdem mehr oder weniger Wasser.
Passende Lichtverhältnisse: Nicht alle Pflanzen haben die gleichen Bedürfnisse. Man sollte bedenken: woher kommt die Pflanze? Was braucht sie daher? Wer ein Schattengewächs in die pralle Sonne stellt, wird nicht viel Glück haben.
Wichtige Lichtfragen
Wie bewegt sich das Licht durch den Raum? An einem grauen Dezembertag wird es ganz anders sein als an einem sonnigen Augusttag. Was bedeutet das für die Pflanze?
In welche Himmelsrichtung sind die Fenster ausgerichtet?
Südfenster: passend für Pflanzen, die sehr viel Sonne brauchen
Nordfenster: gut für Pflanzen, die wenig Sonne mögen
Osten & Westen: mittlere Sonneneinstrahlung
Graue Winter, grüne Zimmer
Gerade in Wien haben wir oft lange, schattige Winter. Es gibt genug Pflanzen, für die indirektes Licht gut geeignet ist:
Calathea-Arten: eher anspruchsvoll, da sie eine hohe Luftfeuchtigkeit brauchen. Sie kommen aus dem Dickicht im Regenwald – also perfekt für ein Badezimmer mit Fenster.
Sanseviera
Drasaena
Epipremnum
Pflegetipps für Happy Plants
Pflanzen duschen: tropische Pflanzen lieben es, hin und wieder unter den Duschstrahl zu kommen. Viele kommen aus dem Regenwald, wo die Luftfeuchtigkeit höher ist: die Dusche imitiert den Regen. In der Natur werden die Blätter durch Wind und Regen gereinigt – aber im Zimmer kann es passieren, dass sich die Poren schließen. Eine Dusche in Zimmertemperatur kann da helfen.
Stutzen / zurückschneiden: Für das Schneiden ist der Frühling am besten. Das ist die Zeit, in der die Pflanze in die Wachstumsphase übergeht.
Wenn Pflanzen traurig schauen: die Ursachen-Checkliste
Licht checken: Wie ist der Standort? Welche Jahreszeit haben wir?
Gießgewohnheiten überprüfen: Viele Menschen machen den Fehler, dass sie in eine Pflegeroutine fallen. Sie sagen: Oh, es ist Sonntag, mein Gieß-Tag. Aber eine Pflanze hat wandelnde Bedürfnisse. Besser erst nachschauen: Ist sie feucht? Ist sie trocken? Muss sie jetzt wirklich gegossen werden? Wenn es kritisch ist, die Pflanze aus dem Topf nehmen und die Wurzeln begutachten: sie sagen einem viel über das Innenleben einer Pflanze. Wenn sie vertrocknet sind, wurde zu wenig gegossen – aber wenn sie matschig und schwarz sind, ist das ein Zeichen für zu viel Liebe.
Topfgröße: Wenn Pflanzen zu groß für ihren Topf werden, können sie kein Wasser mehr aufnehmen. Sie vertrocknen und bekommen gelbe Blätter.
Nährstoffe / Dünger: Nach dem Kauf sind Pflanzen meistens noch gut gedüngt. Aber nach 6-8 Wochen sollte man nachhelfen, wenn gerade Wachstumsphase (April – Oktober) ist. In dieser Zeit brauchen Pflanzen viel Extra-Nährstoff. Am besten bei jedem zweiten Gießen ein bisschen Dünger zum Wasser hinzufügen. Aber nicht übertreiben – das kann auch zu Chaos führen.
Schädlinge natürlich bekämpfen
Schädlinge sind leider Teil von jedem Pflanzenleben. Es ist ähnlich wie beim Menschen: die Schädlinge schlagen meistens zu, wenn die Pflanze gestresst und geschwächt ist. Wenn sie auftauchen, sollte man also nicht nur die Symptome beseitigen, sondern die Ursachen abchecken: was ist der wirkliche Grund?
Vielleicht sind die Lichtverhältnisse oder Gießgewohnheiten falsch. Viele Schädlinge kommen gerne bei trockenen Bedingungen – es kann zur Prävention sinnvoll sein, die Pflanze hin und wieder zu besprühen und die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Zur Bekämpfung gibt es mehrere Optionen:
Neem-Öl: hilft, wenn es ein akutes Problem gibt
Nützlinge: Insekten, die die Schädlinge fressen
Pflanzen als Lehrer & Heiler
Jede Pflanze bringt positive Energie.
Sie helfen, Geruch zu reinigen und haben bewiesenermaßen eine stresshemmende Wirkung. Was einen persönlich anspricht, ist sicher sehr individuell. Sogar in Krankenhäusern helfen Pflanzen den Patienten, schneller gesund zu werden.
Das Schöne an Pflanzen: sie sind gute Lehrer. Man braucht viel Geduld: sie lassen sich Zeit, wachsen langsam, brauchen so lange, wie sie eben brauchen. Man lernt auch, mehr mit den Jahreszeiten zu leben – diese beiden Dinge helfen definitiv beim Glücklichsein.
Mein Pflanzenritual: Wein, Musik & Aufmerksamkeit
Einmal die Woche schaue ich alle Pflanzen durch – je nach Uhrzeit habe ich eine Tasse Tee oder ein Glas Wein in der Hand. Im Hintergrund läuft Musik, meistens hören wir HipHop, Reggae oder 80ies. Jede Pflanze wird abgecheckt und bei Bedarf geduscht, umgetopft, gegossen oder beschnitten. Es ist für mich wie Meditation, dieses Ritual gibt mir viel innere Ruhe.
3 Buchempfehlungen
The school of life*: ein super Einstieg zu verschiedenen interessanten Themen, z.B. Sex, Partnerschaft, Freundlichkeit, der Wert der Dinge.
The Power of Now*, Eckhart Tolle
Man’s search for meaning*, Viktor Frankl: eines der inspirierendsten Bücher, die ich je gelesen habe – ich könnte es hundertmal Lesen und immer etwas Neues finden.