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Bandhas: Was, warum & wie man die “Verschlüsse” im Yoga macht

Nora (@nordwandyoga) erklärt euch wie & warum die Bandhas im Yoga so eine große Rolle spielen - von Uddiyana Bandha und Mula Bandha bis Jalandhara Bandha.

Wenn du regelmäßig Yogaklassen besuchst, hast du mit Sicherheit schon einmal eine dieser Instruktionen gehört: 

“Zieh deinen Nabel zur Wirbelsäule, nach innen und oben.”, oder “Zieh dein Kinn ein.”, oder die beste von allen: “Stell dir vor, du musst ganz ganz GANZ dringend für kleine Yogis und jetzt spann mal alle Muskeln ‘da unten’ an.”

Letztere Anleitung führt in den meisten Fällen zu einem kollektiven Schmunzeln. Was soll das denn? Warum sollst du alles “da unten” anspannen, wenn du durch deinen Sonnengruß fließt?

Nun zuerst einmal sollte der Wurzelverschluss (skr. मूलबन्ध mūla-bandha) nicht als geheimnisvoller und vager Ort “da unten” eingeführt werden. Es handelt sich, wie bei allen Verschlüssen (skr. बन्ध bandha) um eine intelligente Gruppierung von Muskeln in unserem Körper, die in der yogischen Tradition zu den Gesten (skr. मुद्रा mudrā) gehören und neben der Atmung (skr. प्राणायाम prāṇāyāma) und Haltung (skr. आसन āsana) deine Yoga Praxis sowohl auf physischem, aber noch stärker auf energetischem und emotionalen Level beeinflussen.

In modernen westlichen Yogaklassen fehlt zwischen den vielen Chaturangas leider oft die Zeit, um den Yogis diese wundersamen Verschlüsse näherzubringen. Ich selbst habe vor meiner Ausbildung zur Yogalehrerin bereits acht Jahre lang regelmäßig Yoga praktiziert und nicht mehr gelernt als das typische “…und jetzt stellt euch vor, dass ihr ganz dringend pinkeln müsst.”

Damit ist jetzt Schluss. Bandha ist ein essentieller Teil des Yoga und hat meine eigene Reise zur Intimität mit meinem Körper stärker beeinflusst als jeder Krieger oder Sonnengruß. Wie mein Lehrer Mark Whitwell lehrt: “Asana kreiert Bandha und Bandha unterstützt den Atem.” Bandha existiert natürlich und nicht isoliert von Asana und Pranayama. Damit widerspricht Whitwell einigen Traditionen, die Bandha als eigene Praxis ansehen. Ich stehe hinter Marks Interpretation und vertrete die Sichtweise, dass Yoga ein nahtloser Übergang von Asana, Pranayama, Bandha, und Meditation ist und diese Aspekte gemeinsam eine Teilhabe an der eigenen Wirklichkeit repräsentieren. 

Du weißt, dass eine Asana, wie der Krieger oder die Kobra, nur durch den Atemfluss zu “Yoga” wird. Genauso wie deinen Atem, kannst du mit den folgenden Tipps die intelligenten Muskelverschlüsse aka Bandhas in deine Praxis integrieren und ihre reichhaltigen Vorzüge genießen: 

Was sind & wie gehen die Bandhas im Yoga? Von Jalandhra Bandha bis Uddiyana Bandha und Mula Bandha. Illustrationen: Luci de la Duena Sotelo

Auf der körperlichen Ebene kannst du über das Anspannen bestimmter Muskelgruppen im Körper Stabilität und Sicherheit in deinen Haltungen gewinnen. So verhilft das Anspannen des Wurzelverschlusses (skr. मूलबन्ध mūla-bandha, siehe unten) im Baum zu mehr Balance und die Aktivierung des Bauchverschlusses (skr. उड्डीयानबन्ध uḍḍīyānabandha) im Stuhl für mehr Kraft im Zentrum. 

Der Atemfluss wird auch durch natürliches Bandha intensiviert. So kannst du am Ende der Einatmung das Kinn für den Kinnverschluss (skr. जालन्धरबन्ध jālandharabandha) leicht einziehen. Hebe es vor der Ausatmung wieder an, ziehe ausatmend den Nabel nach innen und aktiviere mūla-bandha.

Auf Energieebene führt die Aktivierung eines Bandhas zu einer Anhäufung von vitaler Lebensenergie (skr. प्राण prāṇa). Die drei Hauptverschlüsse sind alle an der Mittellinie angeordnet und sollen so das prāṇa entlang der Wirbelsäule nach oben befördern. In der Yogatradition ist es über die Jahre fast schon zu einem Fetisch geworden, Energie immer weiter zu verfeinern und von den tiefer gelegenen Energiezentren (skr. चक्र cakra) “nach oben” zur spirituellen Erleuchtung zu lenken. Als Vertreterin des tantrischen Ansatzes und als weibliches Wesen kann ich das so nicht unterschreiben. Für mich ist es zum Beispiel häufig besonders wichtig, mich während der Periode mit dem Wurzelchakra (skr. मूलाधारचक्र mūlādhāra-cakra) zu verbinden und eine Beziehung zur Erde aufzubauen. 

Bevor du Bandha praktizierst, mache dich zuerst mit deinem eigenen Atem vertraut. Voraussetzung hierfür ist eine gleichmäßige Ein- und Ausatmung, bei welcher die Ausatmung mindestens genauso lang ist, wie die Einatmung. Diese Praxis soll deinen Atem unterstützen. Wenn dein Fokus auf die Bandhas nur zu Verwirrung und Erstickungsanfällen führt, dann lass dir noch Zeit. Der Atem hat oberste Priorität! Tiefer yogischer Atem wird früher oder später automatisch natürliches Bandha einladen. Hab Spaß, sein neugierig und Namasté!

How To Bandha:

MULA BANDHA

Mula Bandha: Wie man es im Yoga praktiziert

  • für die meisten Frauen: die Wände der Vagina nach innen und oben Richtung Muttermund ziehen

  • für die meisten Männer: den Damm anspannen und nach innen und oben anheben: 

    • beachte den Unterschied zwischen YOGINĪ MŪLA BANDHA und GARBHA MŪLA BANDHA

      • GARBHA MŪLA BANDHA: Wenn du gerade deine Periode hast, praktiziere den Wurzelverschluss nach der Einatmung, so unterstützt du die natürliche Eliminierung mit der Ausatmung. Du lässt mit jeder Ausatmung los.

      • YOGINĪ MŪLA BANDHA: Außerhalb deiner Menstruation, aktiviere den Wurzelverschluss nach der Ausatmung. Ziel ist hier dem abwärts gerichteten Energiefluss der Ausatmung entgegenzuwirken und deine Vitalität und aufrechte Haltung zu behalten.

  • Körper: gesunder Beckenboden und Geschlechtsorgane, lindernd bei Menstruationsschmerz, Prolaps, geburtsvorbereitend

  • Psyche: kann psychosomatische Beschwerden, Depressionen und sexuelle Schuldgefühle lindern, erdend

  • Energie: Muladhara Chakra (Wurzelchakra), Rekonstruktion sexueller Energien

UDdiyaNA BANDHA

  • das Zwerchfell wird angehoben und der Bauch zur Wirbelsäule hin eingezogen

  • während oder nach der Ausatmung

  • Körper: unterstützt Verdauung, massiert die Bauchorgane, Balance der Nebennierenfunktion

  • Psyche: wirkt gegen Aufregung, Anspannung und Lethargie

  • Energie: Manipura Chakra (Solar Plexus Chakra)

JALANDHARA BANDHA

  • die Wirbelsäule ist gerade, das Kinn ist zur Brust hin eingezogen

  • Körper: beruhigt die Herzrate, fördert einen gesunden Schlaf, Balance der Schilddrüsenfunktion, reguliert den Metabolismus

  • Psyche: entspannend, beruhigend, angstlösend, vorbereitend auf Meditation

  • Energie: aktiviert Ajna und Sahasrara Chakra (Kronenchakra), Trance, Bewusstsein

In diesen Asanas kannst du gut die 3 wichtigsten Bandhas üben: 1. Mahamudra | 2. Adhomukha svanasana (Downdog) | 3. Savangasana (Schulterstand)

Quiz: Welches Yoga passt zu mir?

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