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Julia Skergeth: Wie man als Jungunternehmerin trotz Minus am Konto einen kühlen Kopf bewahrt (Ep. 2)

Es riecht nach Weihrauch als ich das Studio von Julia Skergeth (@jsbyjuliaskergeth) betrete & reichlich Tee ist angerichtet. Die Jung-Entrepreneurin macht mit ihren puristischen Designs Taschen in limitierten Editionen für Leute mit Charakter. Wir reden sehr offen darüber, was es heißt ein junges Business aufzubauen & warum 2019 ein Jahr voller Höhen und Tiefen für sie war. Von einer Gasexplosion in ihrem alten Studio bis zu ihrer Verlobung aber auch ihrem bis dato umsatzstärkstem Jahr, aus dem sie trotz allem mit einem Minus aussteigen wird. Reichlich Nährboden also um täglich mit den Haaren raufen zu wollen, aber die 28-Jährige hat ihre Wege gefunden um der Zukunft voller Optimismus entgegen zu stapfen.

Ep 1.02: Podcast mit Julia Skergeth

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Themen, die wir besprechen:

  • ihre Labelgründung in Indonesien & Startschwierigkeiten (inkl. Produktionsübernahme)

  • Gründen per Selbststudium

  • ihre größten Herausforderungen (Kapital)

  • Wachstumsschmerzen: warum sie trotz hohem Umsatz, mit einem Minus aussteigt

  • wie sie Zweifel bewältigt

Diese Folge bei Spotify oder Apple Podcasts finden.


Labelgründung & StartSCHWIERIGKEITEN

Ich habe in Indonesien für mich selbst Schuhe und Taschen designed & bei einem kleinen Schuhmacher anfertigen lassen, dann bekam ich immer häufiger Anfragen bis der Schuhmacher zu mir meinte ich müsste mir eine größere Produktion suchen. War alles ungeplant - eins hat zum nächsten geführt. Meiner Recherche nach gab es die beste Produktionsstätte in Bandung, West Java, weshalb ich dann für drei Jahre dort hingezogen bin. Meine erste Kollektion habe ich dann mittels Kickstarter finanziert und über not just a label verkauft, jedoch ist die Produktion dann mit all meinem Geld Konkurs gegangen und der Chef der Produktion abgehaut. Das war eine Zeit in der ich fast jeden Tag geweint habe.

Die Kunden haben aber bereits auf ihre Produkte gewartet und die Arbeiter der Produktionsstätte waren noch da, somit habe ich dann die Produktion übernommen. Das hört sich jetzt sehr einfach an, aber war es natürlich überhaupt nicht. Ich habe dann kleine Zwischenorders von Freunden angenommen & es so geschafft wieder neues Kapital aufzutreiben. So konnte ich dann - zwar mit einer Verzögerung von 1-2 Monaten - doch noch liefern. Kreativität heißt nicht nur am Papier kreativ zu sein sondern eben auch bei Business-Lösungen.

Julia Skergeth in ihrem Office

Aufgrund von ein paar Problemen mit der Produktion (wie Kleber trocknet nicht ordentlich aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit) und da mir Qualität doch sehr wichtig ist, habe ich dann jedoch beschlossen gleich in Europa zu produzieren, weshalb es mich nach Wien verschlagen hat.

Gründen per Selbststudium

Ich ernähre mich von Businessbüchern. Business of Fashion ist meine Tageszeitung. Ich weiß überhaupt nicht was gerade im Radio oder Fernsehen aktuell ist, aber Business Podcasts (wie 2nd life & naked & No Limits) höre ich en masse. Anfangs bin ich auch jede Woche in mindestens zwei Gründer-Workshops (zB.: von der WKO) gesessen. Ich finde jeder Gründer sollte zB.: auch die Grundkenntnisse von Buchhaltung kennen, alleine um zu wissen wie man mit dem Steuerberater kommuniziert, um sagen zu können was man braucht. Design sind lediglich 20% meiner Zeit. 80% meiner Arbeitszeit fällt auf Mails, To-Dos abarbeiten etc. und ich mag das auch! Ich breche meinen Businessplan jährlich auf Quartale & Monate runter, was mir gerade in stressigen Zeiten hilft die Übersicht zu bewahren & zu wissen ob ich noch in meinem Rahmen bin. Ich bin ein großer Fan von Excel-Listen. Das Grundkonzept von einem Unternehmen ist immer das Gleiche, egal in welcher Branche du bist. Ich könnte jetzt auch eine Stahlfirma aufbauen & würde die selben Tasks erledigen. Also obwohl ich Designerin bin sitze ich nicht den ganzen Tag rum und zeichne nur.

Größten Herausforderungen

Die größte Herausforderung ist defintiv Kapital. Mein anfängliches Investment waren € 500 - das würde ich heute eventuell nicht mehr so machen. Du kannst noch so einen guten Businessplan schreiben, wenn man keine Erfahrung in dem Business hat, kann es leicht sein das es nicht aufgeht. Ich würde sagen das Erfolgsgeheimnis ist eine Mischung aus Erfahrung, guter Planung & Finanzierung. Plus ein Umfeld aus Mentoren oder wenn das nicht möglich ist: Aneignung von Wissen über Bücher. Ich lerne aber wie die meisten leider am besten aus Fehlern & da darf man auch nicht zu hart zu sich selbst sein, sondern muss einfach beim nächsten Mal schauen das man es besser macht.

Typischer Montag bei Julia Skergeth

Wachstumsschmerzen: Trotz hohem Umsatz, kaum Gewinn

2019 war für mich ein Wahnsinnsjahr. Angefangen hat es mit einer Gasexplosion in meinem alten Studio. Ich war während der Explosion auch anwesend aber Gott sei Dank ist mir im Gegensatz zu anderen nichts Gröberes passiert. Das alte Studio - selbst wenn es ganz geblieben wäre - wäre für mich dann jedoch mit zu viel negativer Energie verbunden gewesen. Privat bin ich aber Gott sei Dank zu meinem - seit kurzem - Verlobten gezogen, weshalb ich meine alte Wohnung zum neuen Studio umfunktionieren konnte. Im Business habe ich auf der einen Seite noch nie so viel verkauft, auf der anderen Seite hatte ich aber auch noch nie so ein großes Minus. Ich muss bei der Produktion ja alles vorfinanzieren & wenn ich aufgrund eines höheren Bestellvolumens plötzlich mit jemanden Anderem produzieren muss, kommen da meist einige Kosten dazu, die ich vorher eventuell nicht einkalkuliert habe. Diese Kosten kann ich natürlich nicht an den Endkonsumenten weitergeben. Also obwohl die Nachfrage da ist und der Umsatz gut, habe ich ein Minus am Konto. Wenn man sein Business skaliert, werden die Zahlen einfach höher und die Nuller hinten mehr im besten Fall aber die Probleme bleiben die Gleichen bzw. werden noch größer, da ihnen mehr Bedeutung zukommt.

Zweifel bewältigen

Zweifel gehören bei mir fast zur täglichen Routine. Dann kommt auch noch Angst dazu, ob sich das am Ende des Monats ausgehen wird. Da fließen auch oft Tränen, aber ich habe meine Wege gefunden wie ich damit umgehe. In seinem Business zu wachsen bedeutet auch, dass man mit dem Druck & den Ängsten lernt klarzukommen. Am liebsten hör ich mir dann Podcasts (wie 2nd life & naked & No Limits) von Powerladies an, die genau die selben Phasen durchgangen sind. Dann fühlt man sich gleich gestärkter. Meditation (mit Insight Timer), Yoga & allgemein Sport helfen mir auch wahnsinnig. Ich mache fast jeden Morgen Sport & die Zeit nehme ich mir auch. Wenn ich das Gefühl habe, ich renne allem hinter her, dann läuft auch tatsächlich alles aus dem Ruder. Am Ende des Tages schalte ich am besten mit Kochen ab. Gute Ernährung, Sport & Me-Time gehört für mich alles zur Work-Life-Balance dazu. Ich liebe auch die Gespräche mit meinem Partner, aber wenn ich jetzt zum Beispiel nicht so ein guten Tag im Büro hatte, rede ich dann nicht zwingend nochmal mit ihm darüber, da mich das Ganze sonst zu sehr emotionalisieren würden um gut schlafen zu können. Ich versuche also abends tatsächlich abzuschalten. In der Vergangenheit habe ich Business und Privates zum Teil zu sehr vermischt aber gemerkt, dass es mir Energie raubt. Ich achte jetzt auf einigermaßen geregelte Arbeitszeiten & arbeite dadurch auch viel effizienter. Museumsbesuche sind für mich auch Inspiration und Therapie gleichzeitig.

Qualität & Ethische Produktion

Leder kommt von Italien, Metal aus Polen und genäht wird in einer kleinen Manufaktur in Tschechien, die von Frauen, umgeben von Katzen, betrieben wird. Ich sage immer: “Produktionspartner finden ist vergleichbar mit dem Finden des Partners für’s Leben.” Es ist nicht einfach. Ich habe echt ein ganzes Jahr lang damit verbracht die richtige Produktionsstätte & Materialen zu finden, aber Qualität ist mir wirklich wahnsinnig wichtig.

Lieblinge

  • Lieblingshotel: Can Sastre Boutique Hotel

  • Lieblingsbrands: Parosh, Sandro

  • Lieblingsmuseum: Kunsthistorisches Museum Wien

  • Letzte Google Suche: Flüge nach Lyon

  • Momentaner Ohrwurm: Nights on Broadway von Candi Staton

  • Idealer Sonntag: Sport in der Natur, kochen und die Seele baumeln lassen. Gute Musik, Abendessen und Gespräch mit meinem Verlobten, entspannen auf der Couch oder mit einem Buch.

  • Lieblingsbuch: How to Be a Great Boss, Moody Bitches: Die Wahrheit über die Pillen, die wir nehmen, den Schlaf, der uns fehlt, den Sex, den wir vermissen, und was uns wirklich verrückt macht

  • Ausbildung: HTL für Grafik & Design in Linz, Master für Modedesign in London auf der Kingston University

  • Meist benutzte Apps: WhatsApp, Asana (Projektmanagement-Tool), Mail, Instagram

  • Neueste Entdeckung: spanische Oliven

  • Haare: Haarsalon meines Verlobten Ronni Maier, la Biosthetique

  • Gesicht: Fruchtsäure Peeling, Jet Peel Gesichtsbehandlung, Intensive Feuchtigkeitsmasken über Nacht, Cooling Eyepatches von la Biosthetique

  • 2019 in einem Satz? Ein Jahr voller Extreme, dass mein Leben komplett verändert hat.

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